Übereinanderlegen von Realitäten
In „Am Galgen“ beschäftigt ihr euch mit Hinrichtungsstätten, also konkreten Orten in der Stadt, an denen früher Hinrichtungen durchgeführt wurden. Wie ist die Idee entstanden ein Projekt zu diesem Thema zu machen?
Das Planetenparty Prinzip: Entstanden ist die Idee ursprünglich am Land, wo einige Mitglieder unseres Kollektivs aufgewachsen sind und es recht normal war, am „Galgenweg“ vorbei an drei alten Steinsäulen spazieren zu gehen, ohne eine Sekunde genauer darüber nachzudenken, was da eigentlich dahintersteckt. Die Säulen stehen da so präsent und trotzdem ist ihre Geschichte ganz vergessen, das hat uns interessiert. Wir haben daraufhin begonnen zum Thema öffentliche Hinrichtungen und Galgen in Österreich zu recherchieren und haben viel historisches Material aus Wien gefunden, auch wenn es im Stadtbild heute wenig Hinweise auf diese Vergangenheit gibt. Bei den Hinrichtungen in Wien sollen teilweise an die 50.000 Leute dabei gewesen sein, es kam zu volksfestartigen Szenen: Man bezahlte für die besten Plätze Geld, es kam zu Raufereien, es gab Bier und „Arme-Sünder-Wurst”. Dieses Spektakelhafte, diese Sensationsgier fanden wir von Anfang an sehr spannend.
Der Spielort von „Am Galgen“ ist bei der Spinnerin am Kreuz in Wien Favoriten. Warum habt ihr euch für diesen Spielort entschieden?
Das Planetenparty Prinzip: Am Wienerberg nahe der Spinnerin am Kreuz fanden bis 1868 öffentliche Hinrichtungen statt, die Leichen der Delinquent_innen wurden oft in unmittelbarer Nähe verscharrt. Für die Performance ist dieses Wissen essenziell. Wir erzählen von der Vergangenheit, aber verorten diese ganz klar in der heutigen Welt. Genau hier, wo wir heute stehen, sagte damals der „Arme Sünder” seine letzten Worte, genau da stand der Galgen, genau von dort kam der Bannrichter. Es ist wie eine Art Übereinanderlegen von Realitäten.
Die Fotos lassen bereits jetzt ein recht spektakuläres Bühnenbild erkennen. Wie ist die Idee dazu entstanden und wie probt ihr das fiktive Erhängtwerden?
Das Planetenparty Prinzip: Es war relativ bald im Prozess klar, dass die heute verschwundenen Galgen auf visueller Ebene im Stück präsent sein sollten und das Hängen in all seiner Archaik ein wesentliches Element sein wird, das wir auch körperlich-performativ ausloten wollten. In Zusammenspiel mit Bühnenbildnerin Rosa Wallbrecher entstand daher dieses Bühnenbild, bei dem wir uns – in Klettergurte eingehängt und gesichert – gegenseitig und selbst ‚erhängen‘ können. Für uns ist das dann im Grunde einfach ein technischer Vorgang, auch wenn man die Symbolik dahinter natürlich nicht ganz ausblenden kann.
„Am Galgen“ ist eure erste Produktion, die ihr in Wien zeigt, nachdem ihr in der Steiermark, rund um Graz, schon sehr erfolgreich Produktionen realisiert habt. Warum hat es euch nun auch nach Wien gezogen?
Das Planetenparty Prinzip: Wir sind ein Kollektiv von neun Leuten, das seit 2015 vorrangig in Graz arbeitet. Einige von uns wohnen aber bereits einige Jahre in Wien. In der Steiermark haben wir schon sehr viele Produktionen gemacht, es ist aber nicht immer so leicht, damit dann auch außerhalb der eigenen Stadt wahrgenommen zu werden. Von Wien erhoffen wir uns neue Möglichkeiten, unsere Arbeit zu zeigen, mehr Publikum für unsere Stücke zu gewinnen und neuen künstlerischen Input zu bekommen.