Schlechte Gefühle

Eine Hand hält eine gelbe Blume

Schlechte Gefühle

Eine Teilnehmerin von WUK m.power erzählt ihre Geschichte

Im Pflichtschulabschlusskurs von WUK m.power entstehen im Unterrichtsfach „DKG – Deutsch, Kommunikation und Gesellschaft“ jedes Jahr neue Erzählungen. Ein paar ausgewählte Beispiele wollen wir hier veröffentlichen.

Was ich Ihnen schreiben möchte, passierte als wir nach Österreich geflüchtet sind. Wir sind von einem anderen Kontinent, einer ganz anderen Kultur und Religion nach Europa und Österreich gekommen. Für mich war alles schwierig und unglaublich, am meisten die Kindererziehung.

Bei uns ist es so, was die Eltern entscheiden machen die Kinder. Egal in welchem Alter. Aber meine Kinder machten plötzlich, was sie wollten z.B. wie sie sich anziehen, wo sie hingehen und mit wem sie befreundet sind, egal ob Buben oder Mädchen.

Das war für mich als Mama unglaublich und sehr schwierig. In unserem Heimatland Afghanistan ist es die Kultur, dass die Buben nicht mit Mädchen befreundet sein dürfen und ich habe das so gelernt. Aber hier haben meine Kinder sehr einfach Kontakt mit Buben. Wenn ich sagte: „Bei uns darf man das nicht!“ Dann haben sie geantwortet: „Hier ist Österreich. Und wir sind auch Menschen. Wir machen, was wir wollen!“

Zuerst habe ich eine psychische Krankheit bekommen. Ich habe viel geweint und war traurig. Ich dachte immer, das war eine falsche Entscheidung, dass wir nach Österreich gekommen sind. Und ich überlegte, wie können wir zurück nach Afghanistan gehen. Aber langsam, langsam habe ich gelernt, dass jeder Mensch eigene Gefühle und Gedanken hat und selber entscheiden darf, wie er leben will. Auch meine Kinder.

Meine ältere Tochter hat gesagt: „Du musst dich ändern, Mama. Schau wie du geheiratet hast, wie du lebst!“ Dann habe ich viel nachgedacht über das Falsche in unserer Kultur. Die Mädchen dürfen nicht entscheiden, wen sie heiraten. Jetzt bin ich zufrieden, dass ich nach Österreich gekommen bin und lernte, dass ich alleine nicht für meine Kinder entscheiden soll. Sie haben eigene Gefühle. Meine Kinder und ich sind Freunde und wir entscheiden alles, was für unser Leben wichtig ist, zusammen.

Das war ein falscher Gedanke, den ich gehabt habe. Das war eine falsche Entscheidung, dass ich zurück nach Afghanistan gehen wollte. Jetzt weiß ich, dass jeder Mensch im ganzen Leben lernen muss. Egal in welchem Alter. Ich hab auch mit 30 Jahren das noch gelernt.


Senab Husseini

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