Return of the Platzkonzerte
Ein lauer Sommerabend im WUK Innenhof. Die Blätter des Veitschis bewegen sich in einem sanften Lüftchen. Die neue Tribüne im hinteren Hofteil ist gut gefüllt mit lachenden und sich unterhaltendenden Menschen. In der Hand ein kühler Drink, vielleicht noch ein Snack. Langsam steigert sich die gespannte Vorfreude: Ein bewährtes Format kehrt mit einer aufregend diversen Ausrichtung zurück!
Fünf Jahre ist es her, seit das WUK den Sommer in Wien mit Platzkonzerten noch ein wenig schöner machen konnte. Dazwischen: Covid-Pandemie und Sanierung. Doch dieses Jahr sind sie wieder da und werden euch einige lauschige Abende im WUK Hof schenken. Platzkonzerte im WUK, das heißt Open-Air-Konzerte bei freiem Eintritt, ohne Konsumzwang aber geöffneter WUK Bar, ohne bauliche Barrieren und vor allem ein diverses musikalisches Programm, das für jeden Geschmack etwas zu bieten hat.
Kuratiert wurde das diesjährige Programm vom Veranstaltungskollektiv BRUTTO, bestehend aus Lisa Kortschak, Gregor Mahnert und Rania Moslam. BRUTTO hat bisher u.a. im Wiener brut Veranstaltungen kuratiert und organisiert, immer mit dem Anspruch verschiedene künstlerische Formate und Zugänge einzuladen, deren vermeintliche Gegensätze sich am Ende als wertvolle Synergien herausstellen, die neue künstlerische Möglichkeitsräume eröffnen.
„Die für die Platzkonzerte eingeladenen Künstler_innen kommen jetzt nicht zwangsläufig nur aus der Musik, sondern auch noch aus anderen Kunstrichtungen, aus performativen Bereichen oder auch der bildenden Kunst,“ beschreibt es Lisa Kortschak vom BUTTO Kollektiv. BRUTTO zeichnet zudem eine politische Grundhaltung aus, die sich auch im Kurationsprozess niederschlägt: „Es ist uns zum Beispiel wichtig, dass jede künstlerische Position einen feministischen Zugang hat und wir überwiegend Frauen/FLINTA-Personen eine Bühne bieten. Wir freuen uns zudem, dass dieses Angebot kostenfrei ist und so jeder Person die Möglichkeit bietet neue Musik kennenzulernen.“
Die Einladung Neues auszuprobieren
Stilistisch erwartet die Besucher_innen ein breit gefächertes Programm. Jede Person im BRUTTO Kollektiv hat einen individuellen Zugang zu Musik, ist in unterschiedliche Szenen vernetzt und bringt andere Facetten in die Programmierung ein, was Lisa Kortschak als wichtige Ressource im Kurationsprozess wahrnimmt. „Wir haben Künstler_innen und Musiker_innen aus sehr verschiedenen Sparten eingeladen. Mit dem Programm möchten wir erreichen, dass der WUK Innenhof im Rahmen dieser kleinen Konzertreihe als temporäre Institution wahrgenommen wird, wo Kommunikation und Austausch stattfinden kann. Im Idealfall kommt das Publikum wegen einem bestimmten Programmpunkt, findet es hier schön, schaut auf das Programm und denkt sich, ja, zu diesem Konzert komme ich ebenfalls. Wir laden dazu ein, stilistische Sachen auszuprobieren, mit denen das Publikum sonst vielleicht nicht so vertraut ist,“ erklärt Lisa Kortschak.
Eröffnungspunk und Cyborg Folk
Eröffnet wird die Konzertreihe am 14. Juni von der Punkrockband Szene Putzn, die sich selbst als Super-Sexy-Synthi-Trash-Punk-Band beschreibt. Die Songs von SzenePutzn gehen anarchisch aber tight geradewegs in Richtung Speed, Geschwindigkeit, grande vitesse und tragen Titel wie „Kein Bock“, „P.M.S.“ oder „Körperpflegeblues“. Im Moment komponierte elektronische Musik erwartet das Publikum am 18. Juni bei Cilantro, bestehend aus Angélica Castelló und Billy Roisz. Die Musik von Cilantro bewegt sich an den verschwommenen Rändern widersprüchlicher Dinge – zwischen Lärm und Stille, Zärtlichkeit und Unhöflichkeit, Beat und Drone, innerem und äußerem Bewusstsein, Kontrolle und Freiheit, Struktur und Chaos, Schönheit und Hässlichkeit – kurz gesagt ein aufregendes Schauspiel des menschlichen und technologischen Zusammenspiels. Wenn der Wiener Multimedia-Künstler FAZO666FAZO solo als deathdeathdeath auftritt, sind mit ihm diverse Audioabspielgeräte auf der Bühne. Seine Musik, die irgendwo zwischen melancholischem Pop, bekömmlicher Noise und düsterem Trip Hop, oszilliert, kann auch als Electronic Utopia bezeichnet werden. Der unique Mix aus Genres und Launen durchstreift am 19. Juni bei den Platzkonzerten eklektische Sound-Utopien.
Punkigen Hip Hop gibt es bei HALF DARLING am 20. Juni zu hören. Die irritierende und durchwegs feministisch geprägte Ästhetik wird von einem hohen Energielevel getragen, wobei die Band den Schwerpunkt auf minimalistische Strukturen, rhythmische Verschiebungen, Irritation und die Intensität der Wiederholung legt. The Zew hingegen bietet am 21. Juni intim selbstgemachten, ätherisch außerweltlichen Sound – von Leonie Schlager aka The Zew auch Cyborg Folk bezeichnet. Oft klingt Schlagers konsequent unaufgeregte Stimme so, als sänge sie im Zimmer nebenan, von der berührbaren Welt distanziert durch Echo, Hall oder verfremdeten Pitch, ihre zumeist gezupfte E-Gitarre einmal geloopt dann wieder nicht, mit einem heimeligen Hang zum warmen, leicht angedumpften Drone.
Elektronik, Experiment und Exzentrik
Dada Pop erklingt am 25. Juni, wenn Euroteuro die Bühne im Hof betritt. In Zentrum von Euroteuro stehen der Songwriter und Performer Peter T., oft im Duo mit der Naturgewalt Katarina Maria Trenk. In der Regel zwischen deutschsprachigem Synth-Pop und Lo-Fi-Gitarrenpop oszillierend, kreiert Euroteuro dadaistische bis lakonischen Songs with an attitude, die formal minimalistisch wirken aber nie simpel gestrickt sind. Ebenfalls poplastig aber eher in Richtung Noise Pop geht es mit möström am 26. Juni. Die ungewöhnliche Besetzung mit Keyboards, Bass Clarinet und Handmade Noise Machines wirft neue Schatten auf unerbittlich spröde improvisiertes Chaos, unbekümmert pulsenden Noise Pop, grenzwertig schmelzenden Kitsch und konzentrierte, aufregende Klangexpeditionen. Bulbul, die ihren Probenraum im WUK gefunden haben, verknüpfen Rock mit Dance, Electronic und Experiment. Ihre Auftritte fallen für gewöhnlich ungewöhnlich aus, das Trio mit Hang zum Exzentrischen wuchtet seinen entschlackten Heavy Rock mit großer Verve und Durchgeknalltheit über die Bühnen. Die Soundexperimente an der Grenze zwischen Noise Rock'n'Roll, Jazz, Disco und Zwangsjacke gibt es am 28. Juni zu erleben.
Jazzige Singer-Songwriter mit Rock’n’Roll Machine
Ihre Songs rattern manchmal schleppend an, dann überfallen sie das Publikum mit fröhlichen Polter-Riffs, nur um mit unerwarteten Bridges und Rhythmuswechseln einmal mehr aus dem Trott auszubrechen. Die Rede ist von Kinky Muppet, eine Rock’n’Roll Machine, die am 02. Juli den WUK Hof bespielen wird. Ruhiger und konzentrierter aber definitiv nicht leise wird es bei der Singer-Songwriterin Sakura am 3. Juli, die im Hof sensiblen Akustik-Folk erklingen lassen wird. In ihrer Musik erzählt Sakura Katsuura farbenfrohe und fesselnde Geschichten, geprägt durch ihre eigene Art von lyrisch und emotional fesselndem Indie, Folk und Rock. Impro Jazz oder auch die Erforschung und Verbindung verschiedenster Klangwelten und deren Soziotope kann als Kern von Manu Mayrs künstlerischem Schaffen bezeichnet werden. Dabei setzt er sich mit den zahlreichen Strömungen des zeitgenössischen Musikschaffens auseinander. Von der Interpretation neuer Musik bis hin zu experimenteller Elektronik, Improvisation, Jazz und Pop. Mühelos aber geschmackvoll surft Millycent zwischen Pop, Dada und freier Tonalität und wird euch zum Abschluss der WUK Platzkonzerte am 5. Juli mit Mumble-Rap, wonky beats und unerwarteten harmonischen Wendungen zum Tanzen bringen. Millycent steht für Freude und Leichtigkeit mit der freie Improvisation, Jazz, Disco-Pop, Matcho-Lyrics der 60er-Jahre, feministische Positionen und Hip Hop zusammengebracht werden.
Vom Underground zum Radioohrwurm
Das Programm der WUK Platzkonzerte 2024 setzt sich leichtfüßig über Genregrenzen hinweg, kombiniert Underground mit Radioohrwurm und lädt so mit einer aufregend diversen musikalischen Bandbreite in den WUK-Innenhof ein. Und wenn es doch mal regnet? Dann werden die Konzerte in das WUK Foyer verlegt. Denn wie Lisa Kortschak es formuliert: „Ein Angebot wie dieses in einer Stadt zu haben ist politisch und gesellschaftlich wichtig.“
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