Nicht im eigenen Saft schmoren

Kommunikativ, interaktiv und offen zu sein für Neues und Unbekanntes, mit Neugier Impulse von außen aufzunehmen und durch das Zugehen auf Menschen, insbesondere auf Künstler_innen und Kurator_innen, den Horizont zu erweitern, ist von Anbeginn eines der Hauptanliegen der Fotogalerie Wien. Das Sich-Einlassen auf zunächst Fremdes, auf andere Ideen, Zugänge und Meinungen sowie synergetisches Arbeiten hat sich immer günstig auf das kreative Schaffen der Künstler_innen beider Seiten ausgewirkt und dazu geführt, eigene Denkmuster und Überzeugungen zu hinterfragen.

Austauschprojekte fördern Offenheit

Die Fotogalerie Wien hat seit ihrer Gründung vor über 40 Jahren diese Offenheit in Form von Austauschprojekten mit Künstler_innen, Kurator_innen und kunstaffinen Menschen anderer Kulturen, Städte und Länder gepflegt. Sie hat Institutionen aus dem Ausland mit ähnlichem Programm-Fokus auf zeitgenössische Foto- und Videokunst eingeladen und im Gegenzug im Ausland ausgestellt.

Im Laufe der Jahre waren die Künstler_innen der Fotogalerie Wien in zahlreichen europäischen Städten wie u.a. 2023 in Budapest oder 2022 in Lyon, aber auch international u.a. in Jerusalem, Chongquing, Hongkong oder Valparaiso (Chile) im Zuge eines Austauschs präsent.

Es entstanden wertvolle Kontakte, Kooperationen und freundschaftliche Beziehungen, die wertvoll für die beteiligten Künstler_innen und Institutionen waren und sind. Zu den Ausstellungen werden grundsätzlich Begleitprogramme angeboten wie Vorträge, Künstler_innengespräche, Videoscreenings, Konferenzen, Portfolio-Reviews. In dem SOLO-Format für jüngere Künstler_innen wird auch auf die Weitervermittlung an nationale und internationalen Institutionen Wert gelegt.

Durch langjährig gepflegte Kontakte ist es der Fotogalerie Wien gelungen während der einjährigen Schließung der Galerie im Zuge der Sanierung des WUK, befreundete Institutionen im In- und Ausland dafür zu gewinnen, bei ihnen ausstellen zu können. Die dritte Ausgabe der Propeller-Biennale, in der Arbeiten von Studierenden an österreichischen Hochschulen vorgestellt werden, wurde 2023 um ungarische Positionen erweitert und soll auch in Zukunft ausländische Kunststudierende miteinbeziehen.

Das deutsch-österreichisches Austauschprojekt UNWEIT

Im März/April 2024 wird in Wien der zweite Teil des UNWEIT-Projekts durchgeführt, ein österreichisch-deutscher Austausch mit der Produzent_innengalerie plan.d. aus Düsseldorf, bei der die Mitglieder beider Kollektive gemeinsam ausstellen. Die Fotogalerie Wien war im Mai 2023 zu Besuch in Düsseldorf, nun kommen die Düsseldorfer_innen nach Wien. Der Titel UNWEIT meint zunächst, dass die Kollektive der beiden Non-Profit-Institutionen bzw. Vereine von der Struktur her nah beieinander liegen. Sie verstehen sich als nicht-kommerzielle, offene Ausstellungs-, Diskussions- und Informationsplattformen sowie als Orte des Austauschs mit Künstler_innen im In- und Ausland.

Im Begriff UNWEIT liegt aber auch die Auseinandersetzung mit Raum, mit Nähe und Distanz, nicht nur geografisch, sondern auch philosophisch und sozial: Zwischenmenschliche Beziehungen sind immer geprägt vom Austarieren zwischen Annäherung und Abstand, An- und Abwesenheit, Kommunikation und Schweigen, Bewegung und Stillstand, Offenheit und Verschlossenheit. Austauschprojekte schaffen eine Balance zwischen Nähe und Distanz und öffnen damit neue kreative Synergien.

Die für Düsseldorf konzipierte Ausstellung wurde für den zweiten Teil weiterentwickelt. Manche Arbeiten werden zum ersten Mal in Wien zu sehen sein, andere werden nun in einem anderen Rahmen präsentiert. Eine Ausstellung mit vielen Facetten und ebenso vielen Künstler_nnen.

Text: Petra Noll-Hammerstiel

Weiterführende Informationen
https://www.fotogaleriewien.at/ausstellungen/extern/
https://www.fotogaleriewien.at/en/about-exhibitions/outside/ 

Was heißt eigentlich „offen“? Ist Offenheit ein Gut?
Wir wollen offen sein, Offenheit zum Thema machen, infrage stellen, umsetzen - barrierefrei, niederschwellig, vermittelnd.

Wer kann unter welchen Bedingungen an Kunst und Kultur teilhaben? Und wer bleibt aufgrund von strukturellen Schwellen außen vor? Was ist notwendig, um eine möglichst breite Teilhabe zu gewährleisten?