Mich fasziniert dieses unglaublich komplexe Reservoir menschlicher Körper.
Ausgangspunkt für dein Stück ist die Kraft der Berührungen. Warum sind Berührungen im Kontext einer Tanz-Performance wichtig und was kann daraus entstehen?
Saskia Hölbing: Im Kontext von „Through Touches“ sind die Berührungen besonders wichtig. Sie sind Trigger aller tänzerischer Äußerung, jeder Bewegung. Das war genau das Experiment: Sich auf die Berührung des Anderen einzulassen, ohne sich auf ihre sozialen Einschreibungen und gesellschaftlichen Gepflogenheiten zu beziehen. Die Berührung an sich STATTFINDEN zu lassen, ohne zu wissen was eine_n da erwartet. Sich wieder vom Anderen überraschen lassen.
Im Ankündigungstext ist zu lesen, dass sich durch die Berührungen auf der Bühne neue Formen der Begegnungsmöglichkeit ergeben. Was genau bedeutet das?
Saskia Hölbing: Richtiges „auf-den anderen-einlassen“ bedeutet immer, dass es mich dorthin bringt, wohin ich selber noch nicht gedacht habe. Und das ist nicht nur unheimlich spannend, sondern auch Wohltuend. Sonst liefe doch alles immer in konzentrischen Kreisen ums eigene EGO herum. Das wiederum finde ich unglaublich fad.
Oder auch:
Wenn ich mir die Zeit gebe, dem Anderen jenseits der Stereotypien oder anderer oberflächlicher Zuordnungen zu begegnen gibt es keinen Platz mehr für Vorurteile und Aburteilungen.
Warum erscheint es dir wichtig gerade jetzt ein Stück über Berührungen zu machen?
Saskia Hölbing: In einer Zeit, die durch das Viel und den Flux von Menschen geprägt ist, durch unglaubliche Vernetzungsmöglichkeiten rund um den Globus, durch ein Übermaß an Produktionen in alle Richtungen, und all das in atemberaubender Geschwindigkeit, denk ich, tut ein Berühren von Körper zu Körper einfach gut. Berührung erdet und zentriert im Geflirre des Überflusses und der Geschäftigkeit und tut in jeder emotionalen Enge gut - und absolut jeder weiß wie das eigentlich geht.
DANS.KIAS feiert 2020 sein 25jähriges Jubiläum. Wie hat sich deine Arbeit und deine Herangehensweise an Tanz über die letzten 25 Jahre verändert?
Saskia Hölbing: Ich selbst schau eigentlich nicht so gerne zurück, oder mach mir Gedanken über vergangene Gedanken. Ich kann eher sagen, was meiner Arbeit zu Grunde liegt:
Mich fasziniert dieses unglaublich komplexe Reservoir menschlicher Körper, dieser vielschichtige Erfahrungs- und Wissenscontainer, dieser Pool an Einschreibungen. Und auch seine empathische Unmittelbarkeit, aber auch die Freiheit in seiner Darstellungsform, wenn wir es nur zulassen.