Kreisky: Alles hat ein Ende, aber toxic dreams einen Nestroy

(c) TimTom

Kreisky: Alles hat ein Ende, aber toxic dreams einen Nestroy

Auch die beste Sitcom hat irgendwann ein Ende. Doch bevor es soweit ist, freuen wir uns die finalen Abenteuer unseres Lieblingshelden Hermann Swoboda erleben zu dürfen.

Die finalen Episoden von „The Bruno Kreisky Lookalike“ stehen bevor. Seid ihr wehmütig, weil diese Sitcom zu Ende geht?

toxic dreams: Darauf kann es nur ein dialektisches „Jein“ geben. Beide Anteile haben viel mit Arbeitsverfahren und Selbstverständnis von toxic dreams zu tun.

Diese Sitcom ist ein Format, das die Stärken von toxic dreams bündelt, allen voran die Teamorientierung über viele Jahre hinweg. Die Freiheit und Offenheit, die Vertrautheit und das Vertrauen, das diese spezifische Arbeit – neben reiner professioneller Kompetenzen - erfordert, kann nur durch eine Gruppe erzielt werden, die über einen langen Zeitraum miteinander arbeitet. Mit den klassischen Theaterproduktionsmethoden ist diese Intimität, die Qualität jedes einzelnen Moments, nur schwer erreichbar. Dieser gemeinschaftliche Aspekt von Theater, die Lebendigkeit und die Unmittelbarkeit der Theatererfahrung ist gerade in dieser Produktion für beide Seiten, die Gruppe und das Publikum, von elementarer Bedeutung. Insofern mag „The Bruno Kreisky Lookalike“ uns auch an etwas erinnern, das Theater im besten Sinne sein kann: Eine Zelebration von Gemeinschaft. Diese Gemeinschaft geht uns gerade verloren, als Gesellschaft und als Theater. Und wir müssen dafür kämpfen, als Theater und als Gesellschaft.

Aber es gibt eben auch einen anderen wesentlichen Aspekt in der Arbeit von toxic dreams. Wir arbeiten zwar in mehrjährigen Zyklen mit einem vorab formulierten Erkenntnisinteresse, („The Bruno Kreisky Lookalike“ ist Teil des Zyklus „Real Fiction“, in dem es zentral um Narration und Narrativ geht). Die einzelnen Produktionen im Rahmen dieser Zyklen haben aber einen großen Variantenreichtum hinsichtlich Format, Genre, Stil. Wir haben uns bewusst nie auf eine einzelne künstlerische Strategie festgelegt, kehren das gerade vertraut Gemachte auch gern mit dem großen Besen raus und produzieren ein komplett anderes nächstes Format. Ganz im Sinne unseres Mission Statements: Since 1997 we have been putting on shows that deal with the not knowing...

Die einzelnen Episoden werden von Folge zu Folge immer politischer und gleichzeitig satirischer. Warum begegnet ihr den politischen Entwicklungen mit Humor?

toxic dreams: Sitcoms-Finale stinken ja fast immer ab. Da wir immer Wert auf formale Kontextualisierung legen, müssen die finalen Episoden also komplett humorbefreit sein... Just a joke!

Könnte eine Figur wie Hermann Swoboda die Sozialdemokratische Partei aus ihrer Sinnkrise führen?

toxic dreams: Nun, zuerst mal muss Hermann seine Identität wiederfinden. In der letzten Episode 6 wurde ja LGBT um das H für Hermann erweitert. Wer ist eigentlich Hermann Swoboda ohne Bruno Kreisky? Einer mit Identitätsproblemen wird kaum über die nötigen Führungsqualitäten für eine derartig große Aufgabe verfügen. Andererseits hat Hermann eine Menge Werbeerfahrung als Kreisky-Testimonial. Er lebt als Produkt, das Produkte bewirbt, das ist ja in unserer derzeitigen politischen Landschaft die Kernkompetenz von Politiker_innen. Weder der Vermittler noch die Vermittlung von politischen Inhalten unterscheiden sich in irgendeiner Weise von Produkten für den täglichen Gebrauch. Wie schon Sebastian Kurz meinte: Ein Haushaltsbudget muss ausgeglichen sein, das wisse jede Hausfrau. Ein Staats- und ein Dreipersonenhaushalt sind eben ganz gleichwertig.

Was passiert nach der finalen Episode? Werden die Abenteuer von Hermann Sowoboda irgendwann wieder weitergehen?

toxic dreams: Wir sind gerade mit Njetflix in Verhandlungen. Leider mussten wir eine Verschwiegenheitsklausel unterschreiben und können derzeit keine öffentlichen Statements dazu abgeben. Ob sich der ORF dazu durchringen kann, eine österreichische Serie für ein internationales Publikum oder einfach auch mal eine gute Serie herauszubringen, ist noch ungeklärt. Wir sind bereit für ergebnisoffene Gespräche.

Ihr seid für "The Bruno Kreisky Lookalike" mit dem Nestroy ausgezeichnet worden. Was bedeutet dieser Preis für euch?

toxic dreams: Was uns etwas bedeutet, ist die Welle an Sympathien, die uns in der Folge der Auszeichnung erreicht hat. Die Reaktionen von Kollegen und Kolleginnen und aus unserem Publikum, das unsere Arbeit seit so vielen Jahren verfolgt, haben uns schon sehr bewegt. Auch die Nominierung durch die Jury verstehen wir als Ausdruck der Wertschätzung.

Der Preis selbst als Theaterritual ist im Hinblick auf das Selbstverständnis von toxic dreams mit einer gewissen Ambivalenz verbunden. Wie Yosi Wanunu in seiner Rede meinte: We are in the same discipline but we speak a different language… Die Struktur der Kategorien mit “Best of” für Einzelpositionen (Schauspiel, Regie, Produktion, Ausstattung) und einer eigenen für Off-Produktionen spricht ja die Sprache einer veralteten Theaterhierarchie und perpetuiert sie. Dabei werden doch in den vergangenen Jahrzehnten ständig Versatzstücke aus dem experimentellen Theater auf die Mittel- und Großbühnen gehieft, um „Zeitgenossenschaft“ zu demonstrieren. Auf deutschsprachigen Bühnen wird zuviel gebrüllt, ob die Einführung von Mikros der richtige Lösungsansatz ist, darf allerdings bezweifelt werden. Es bedürfte völliger anderer Arbeitsprozesse, Arbeitstechniken, Arbeitskompetenzen. Gutes experimentelles Theater ist kein Sandkistenspiel von ein paar halberwachsenen Selbstverwirklichern, sondern eine sehr spezifische und umfängliche Expertise. Dafür fehlt nach wie vor das Verständnis.

The Bruno Kreisky Lookalike. Die finalen Episoden.
toxic dreams

Vorstellungen
Fr 10. Januar 2020 - Sa 18. Januar 2020
19.30 Uhr, Saal

Mehr Informationen finden Sie hier

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