Konzerte für alle Ohren
Wie ist Beat the Silence entstanden?
Anna Blaskó: Wir sind beide Kulturmanager_innen und haben uns an der Musikuniversität Wien im Studium kennengelernt. Durch ein zufälliges Gespräch darüber, wie viele Personen in Österreich von einer Hörminderung/Hörbehinderung betroffen sind, haben wir uns die Frage gestellt, wie man trotzdem eine Verbindung zur Musik herstellen könnte.
Mariann Grunenwald: Beziehungsweise haben wir mal Marktforschung in Österreich betrieben, welche Formate es hier bereits gibt.
Anna Blaskó: Aber wir sind nicht wirklich fündig geworden. Wir sind auf Theater- und Tanzformate gestoßen, doch Konzerte haben wir nicht wirklich gefunden. In unserem Umfeld und Bekanntenkreis haben sich dann bereits Künstler_innen und Musiker_innen gemeldet, die interessiert wären an diesem Projekt mitzumachen. Zum Beispiel haben wir uns mit der Band Satuo vernetzt, deren Sängerin gehörlos wurde und dann mit Cochlea-Implantat wieder singen gelernt hat. Daraus ist dann nicht nur die Initiative entstanden, sondern auch der ganze Verein als der wir jetzt tätig sind.
“Beat the Silence“ findet im September 2024 zum ersten Mal im WUK statt, davor seid ihr beim Kultursommer und im Wiener Konzerthaus gewesen.
Mariann Grunenwald: Begonnen haben wir 2023 beim Kultursommer. Danach gab es sozusagen die große Premiere im Konzerthaus. Wir haben auch kleinere Veranstaltungen organisiert, zum Beispiel im April eine Kooperation mit dem afrikanischen Perkussionisten Mamadou Diabate, der bei uns schon im Konzerthaus mit aufgetreten ist. Hier haben wir einen Tag für Kinder gestaltet, an dem durchgängig Dolmetschung angeboten wurde. Im Juni haben wir ein Konzert im Replugged mit der ungarischen Band MÖRK veranstaltet, die auch im WUK, gemeinsam mit Gebärdenpoet_innen, auftreten wird.
Was ist die Veranstaltung „Beat the Silence“?
Mariann Grunenwald: Ganz kurz zusammengefasst sagen wir immer eine akustisch barrierefreie Veranstaltung. Es geht darum, Konzerte, Musikveranstaltungen anzubieten, die zugänglich sind für gehörlose Menschen oder Menschen mit Hörapparat, ganz egal welches Vermögen, es sind alle willkommen. Es können dort alle auf ihre Art Musik und die Kunst wahrnehmen. Beat the Silence soll einen Raum schaffen, welcher ein Zusammentreffen zwischen den unterschiedlichen Communities ermöglicht.
Anna Blaskó: Kurz gesagt: Konzerte für alle Ohren.
Wen wollt ihr mit der Veranstaltung erreichen?
Anna Blaskó: Musikliebhaber_innen unabhängig vom Hörvermögen, das ist uns ganz wichtig. Jede_r, der an Musik interessiert ist, soll die Möglichkeit zur lustvollen Teilnahme an dieser musikalischen Welt bzw. den Konzerten haben.
Wie habt ihr das Programm zusammengestellt?
Mariann Grunenwald: Wir achten immer darauf das Künstler_innen so performen, sodass man ihre Kunst auch anders wahrnehmen kann, als nur durch das Gehör. Wir achten darauf, dass es viel Visuelles und viele Beats gibt, dass man das gut mit einer Lightshow oder ähnlichem kombinieren kann.
Anna Blaskó: Gewissen Acts stellen wir dann zum Beispiel die Gebärdenpoet_innen, Lucia Rosenfeld und Franz Steinbrecher, zur Seite. Sie haben bereits bei einigen Konzerten bei uns performt und stellen die gesungenen Liedtexte in österreichischer Gebärdensprache performativ dar. Gedolmetscht wird auf poetische Art und Weise, so dass auch die Emotionen rüberkommen. Darum wird es auch Gebärdenpoesie genannt, da die Liedtexte emotional und tänzerisch wiedergegeben werden. Im WUK werden die Gebärdenpoet_innen die Band MÖRK begleiten. Dann haben wir eine Drum Show, die nicht nur mit vielen Beats und Percussion arbeitet, sondern auch mit visuellen Effekten. Beats sind leichter wahrzunehmen für Personen, die nicht (mehr) so gut hören können, das macht die Wahrnehmung auch wieder leichter. Die IMANI Drum Show von Matthias Herrnegger und Martin Wagner ist außerdem ein Auftragswerk. Wir haben gesagt, was uns wichtig ist, welche Elemente uns wichtig sind. Dann wurde das dementsprechend für die Drum Show kreiert, komponiert und erstellt.
Mariann Grunenwald: Bei der Lasershow von OPTOKOPPLER, Bernhard Rasinger und Philipp Haffner, wird die Musik in Licht übersetzt. Dabei wird das Gehörte per Laser und Videoprojektion wiedergegeben.
Wie ist der Ablauf des Abends?
Mariann Grunenwald: Der Abend besteht aus drei unterschiedlichen Acts. Den Anfang machen die Lasershow und die Drum Show, anschließend findet das Konzert von MÖRK gemeinsam mit den Gebärdenpoet_innen statt. Es ist uns wichtig, ein breites Spektrum an künstlerischen Acts zu zeigen, die aber alle transdisziplinär sind. Begleitend gibt es eine Ausstellung von „Hands Up“, die man bereits ab 19.00 Uhr im WUK Foyer besuchen kann.
Anna Blaskó: „Hands Up“ kommt mit einer mobilen Ausstellung, die für das Thema Gehörlosigkeit sensibilisieren möchte, diesmal mit dem Spezialthema Gehörlosigkeit und Musik.
Mariann Grunenwald: Das Publikum kann sich noch bevor es zu diesem Konzert kommt bereits im Foyer mit dem Thema auseinandersetzen. Durch die Ausstellung führt ein Mitarbeitender von „Hands Up“, der selbst gehörlos ist. Da stellt sich dann bereits die Frage, wie kommuniziere ich eigentlich? Man kann dadurch die Erfahrung machen, dass man auch ohne Gebärdensprache und ohne gesprochener Sprache kommunizieren kann. Auch die Pause ist länger angesetzt, als man es üblicherweise zu kennt, damit auch in den Pausen das Publikum nochmal Zeit hat sich die Ausstellung anzuschauen.
Wie kann eine Veranstaltung, die sich speziell an Gehörlose oder Menschen mit Hörbeeinträchtigung wendet, so barrierefrei wie möglich gestaltet werden?
Mariann Grunenwald: Es wird von Anfang an alles in Gebärdensprache begleitet – also nicht nur auf der Bühne, sondern von der Abendkasse bis zum Merch-Stand ist immer eine Person, diesowohl Gebärden- als auch gesprochene Sprache kann.
Anna Blaskó: Wir arbeiten mit einer Induktionsschleife, das ist eine induktive Höranlage, die auch mobil anmietbar ist und unter den Sitzreihen verlegt wird. Hörgeräte und Cochlea-Implantate können per Bluetooth mit diesem Kabel gekoppelt werden und der Ton kommt direkt ins Ohr, ohne räumliche Distanz oder anderen störenden Geräuschen. Wir haben dieses Mal auch eine Schriftdolmetschung, wo alles Gesprochene live transkribiert und projiziert wird.
Mariann Grunenwald: Außerdem werden auch die Lyrics projiziert und in unserem Programmheft abgedruckt. Bei der Band MÖRK gibt es zusätzlich die beiden Gebärdenpoet_innen, die die Lyrics nochmal in Gebärdensprache wiedergeben. Wir arbeiten sehr viel mit Lichteffekten, so, dass die Beats zum Beispiel wiedergegeben werden oder die Atmosphäre und Emotionen mit Licht-/Farbspielen wiedergegeben werden.
Worauf achtet ihr bei der Location-Auswahl?
Anna Blaskó: Wir suchen nach einer gewissen Offenheit für solche Projekte. Das ist jetzt auch nicht selbstverständlich. Wie gesagt, es gibt noch nicht so viel in diese Richtung. Wir suchen immer nach einer Location, wo es die Möglichkeit gibt, unser diverses Publikum miteinander vermischen zu können. Also wir suchen nach einem Raum, wo die Ausstellung ausgestellt werden kann, wo die Leute miteinander in Kontakt treten können. Wir suchen nach einer Location, die auch öffentlich gut erreichbar ist. Sie soll nicht nur unbedingt akustisch barrierefrei, sondern auch sonst barrierefrei sein und eine gute technische Ausstattung haben.
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