Ein Dach für viele Häuser
Seit einem Jahr treffen sich in regelmäßigen Abständen die künstlerischen Leiter_innen und Geschäftsführer_innen von 15 kleinen und mittelgroßen Wiener Bühnen und tauschen sich über gemeinsame Probleme und Ziele sowie die Möglichkeiten von Zusammenarbeit aus. Daraus erwuchs der Wunsch nach einem ständigen und kontinuierlichen Zusammenschluss, um nicht nur dem diversen progressiven Kunstschaffen in der Stadt mehr Sichtbarkeit zu verleihen, sondern auch die gemeinschaftlichen Interessen nach außen zu vertreten. PAKT WIEN wurde gegründet – eine offene Plattform und Vereinigung öffentlich geförderter, gemeinnütziger Veranstaltungsbetriebe auf dem Gebiet der zeitgenössischen darstellenden Kunst. Zwei Kulturabteilungen des WUK –
performing arts und Kinderkultur – sind Teil dieses Zusammenschlusses.
Im Oktober 2019 ging PAKT WIEN mit einer Pressekonferenz an die Öffentlichkeit, mit einem Papier, das die dringlichsten gemeinsamen Interessen der Häuser zusammenfasst und diese für weitere Gespräche mit der Kulturpolitik der Stadt und des Bundes fruchtbar machen soll. Forderungen sind u.a. die automatische Valorisierung aller Fördervereinbarungen der Mitgliederbühnen und Bekenntnis sowie Mitverantwortung der Fördergeber_innen für adäquate, realistische Budgets. Weiters hängt damit unmittelbar zusammen die Erhöhung der Mittel entlang der Einführung von Fair Pay-Modellen zur Bezahlung der Mitarbeiter_innen in den Bereichen Kunst, Technik und Administration. Ebenso für die diversen Koproduktions- und Kooperationsmodelle in Zusammenarbeit mit freien Künstler_innen und freien Gruppen. Gewünscht wird von PAKT WIEN eine offene Gesamtevaluierung und Weiterführung des Theaterreform-Diskurses über alle Inhalte, Ziele und Förderungen aller Bühnen Wiens sowie eine transparente und substanziell gemeinsame Förderpolitik von Bund und Land in Wien unter Einbeziehung von PAKT WIEN. Dies sind nur einige der insgesamt zehn angeführten Forderungen, die in der Pressekonferenz ausführlich von Seiten der Häuser formuliert wurden.
Inzwischen gab es Gespräche mit der Wiener Perspektive, einem Zusammenschluss freier Künstler_innen in Wien, die sich vor allem mit dem Entwurf eines Fair Pay-Schemas beschäftigen und derzeitige Koproduktionsmodelle befragen. Mit ihnen und der IG Freie Theater befindet sich PAKT WIEN im Austausch über zukünftige Szenarien der fairen Bezahlung freier Künstler_innen in verschiedenen Formen der Zusammenarbeit. Und auch die Wiener Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler lud PAKT WIEN ein, um sich in einen direkten Austausch über die nun dringlichsten Anliegen der Häuser zu begeben. Dieser soll den Auftakt bilden für weitere kontinuierliche Gespräche mit PAKT WIEN.
Text: Esther Holland-Merten, künstlerische Leiterin WUK performing arts
Forderungen von PAKT WIEN an die Politik
- Einmalige Anhebung der Fördermittel als Ausgleich der nicht stattgefunden Valorisierung der letzten zehn Jahre. Grundlage dafür ist der in dieser Periode realisierte Anstieg des österr. Verbraucherpreisindex der Statistik Austria.
- Automatische Valorisierung aller Fördervereinbarungen der Mitgliederbühnen und Bekenntnis sowie Mitverantwortung der Fördergeber*innen für adäquate, realistische Budgets. Hier sollten die Prognosen der Wirtschaftsinstitute (IHS, WIFO) und der Statistik Austria über Wirtschaftswachstum und Inflation als Grundlage dienen.
- Erhöhung der Mittel, entlang der Einführung von Fair Pay Modellen, zur Bezahlung der Mitarbeiter*innen in allen Mitgliederbühnen in den Bereichen Kunst, Technik und Administration. Ebenso für die diversen Koproduktions- und Kooperationsmodelle in Zusammenarbeit mit freien Künstler*innen und freien Gruppen.
- Bekenntnis der öffentlichen Hand zur Instandhaltung der Substanz, also der Gebäude, Infrastruktur und technischen Anlagen jenseits der Betriebsförderungen. Ebenso die substantielle Erhöhung der entsprechenden Budgetansätze, sowie deren transparente Vergabe nach Wichtigkeit und Dringlichkeit.
- Die Reduzierung der stetig anwachsenden von den Fördergeber*innen verpflichtend vorgeschriebenen Administrationsaufgaben für alle Mitgliederbühnen.
- Planungssicherheit (= Rechtssicherheit) für mindestens zwei Jahre im Voraus für Betriebsförderungen und Geschäftsführer*innenverträge. Dies bedeutet rechtzeitige Kommunikation mit den Leiter*innen über die Verlängerung der Betriebssubvention und über die Ausschreibung der Geschäftsführer*innen-verträge. Zeitgerechte Ausschreibungen in den Betrieben. Rechtzeitige Bekanntgabe der Vergabe von Projektmitteln an Koproduzent*innen.
- Offene Gesamtevaluierung und Weiterführung des Theaterreform-Diskurses über alle Inhalte, Ziele und Förderungen aller Bühnen Wiens. Heißt: die Evaluierung aller von der Stadt Wien und dem Bund geförderten Bühnen und Festivals in Wien unter Partizipation von PAKT WIEN.
- Transparente und substanzielle gemeinsame Förderpolitik von Bund und Land in Wien unter Einbeziehung von PAKT WIEN.
- Ein Wiener Landesgesetz zur Kulturförderung: Erarbeitung, Einführung und Verabschiedung eines Gesetzestextes, der sämtliche von Wien vergebenen öffentlichen Mittel in Form von Subventionen und Förderungen unter Einbeziehung von PAKT WIEN festschreibt.
- Schluss mit der von neoliberalen Denkmustern geprägten Austeritätsmentalität. Die öffentliche Hand muss nicht nur, aber auch, und vor allem mehr in den Kulturbereich investieren. Erweiterung, Ausbau, Abschaffung von althergebrachten Denkmustern, Öffnen der Kulturbegrifflichkeiten, Durchstoßen der gläsernen Decken hin zu einer diversen, gendergerechten und innovativen Kultur der Zukunft.