Analoge Konzentration

Arbeitstisch Fotolabor
© Kerstin Pfleger, Gruß aus dem Labor, 2016

Analoge Konzentration

LumenX im Interview

Kerstin Pfleger und Ulrike Mayrhuber vom Fotolabor im WUK sprechen über die Qualitäten anlogen Fotografierens und die Arbeit in der Dunkelkammer.

Ihr erweckt nach längerem Stillstand das selbstverwaltete Fotolabor LumenX im WUK wieder zum Leben. Wozu braucht es heute ein analoges Fotolabor?

Die analoge Arbeitsweise zu kennen ist für jede nähere Auseinandersetzung mit Fotografie wichtig, da sich auch das digitale Arbeiten darauf gründet. Was aber die Arbeit im Fotolabor so besonders und wertvoll macht, ist die Zurückgezogenheit und Konzentration, mit der man sich seinen Bildern widmet. Auch Rhythmus spielt dort eine wichtige Rolle. In den Dunkelkammern herrscht eine andere Geschwindigkeit.

Alle fotografieren – digital. Kannst du kurz beschreiben, wie analoge Fotografie funktioniert. Und was es heißt, Bilder selbst zu entwickeln? Wie können wir uns den Prozess vorstellen

Hier handelt es sich um eine viel bewusstere Form des Bildermachens, da das Material begrenzt ist. Auf einem Kleinbildfilm haben 36 oder sogar nur 24 Bilder Platz. Auf anderen Filmformaten sind das zwischen acht und 16 Bilder und auf Planfilm sogar nur eines. Beim analogen Fotografieren achtet man viel stärker auf den richtigen Moment, Bildkomposition und die korrekte Belichtung. Viele arbeiten mit einem belichteten Film digital weiter, für uns beginnt die eigentliche Arbeit aber erst dann. Sicher kennt jede/r den Aufbau einer Dunkelkammer noch aus Filmen. Im Wesentlichen arbeiten wir in abgedunkelten Räumen – bei Schwarz/Weiß-Bildern etwa bei klassischem Rotlicht – mit drei verschiedenen Chemiebädern: Entwickler, Stoppbad und Fixierer, mit deren Behandlung das Foto dann sichtbar wird. Natürlich gibt es dann die Möglichkeit, vom Standard abzugehen und ganz frei mit der Chemie oder den Abläufen zu experimentieren. Die tollen Arbeiten des chinesischen Künstlers Wang Youshen zum Beispiel, in denen er Farbfotografien durch Mischen der Bäder quasi zerstört. Eine Abkehr vom klassischen Prozess sind auch Fotogramme, wie sie etwa László Moholy-Nagy in der Ära Bauhaus angefertigt hat. Hier arbeitet man ganz ohne Kamera mit Abdruck eines Objekts direkt auf dem lichtempfindlichen Fotopapier. Es gibt also großes Potential für Eingriffe und viel Spielraum für Kreativität.

Portrait Kerstin Pfleger
© Kerstin Pfleger

Warum entscheidet ihr euch als Fotografinnen für das analoge, selbst entwickelte Bild?

Kerstin: Die Arbeit in der Dunkelkammer ist für das Entstehen meiner künstlerischen Arbeiten von großem Wert. Der gesamte Fertigungsprozess liegt in meinen Händen. Hierdurch habe ich die Möglichkeit, Technik, Chemie und Materialien auszuprobieren. So verwebt sich der Inhalt meiner Arbeit mit dem fotografischen Prozess, wie etwa bei meinen „Hässlichen Bildern“, die die sogenannte Flüchtlingskrise 2015 mit Kontaktabzügen von Filmstreifen veranschaulichen.

In den 70er, 80er Jahren war das temporäre Fotolabor im Badezimmer der WG ein verbreitetes Phänomen. Die selbstbestimmte Produktion von Bildern war in gewisser Weise ein Akt der Selbstermächtigung. Und heute? Wie würdest du das Arbeiten im Fotolabor heute einordnen?

Selbstermächtigung beschreibt es sehr gut. Das Arbeiten im Labor ist eine bewusste Gegenposition zur herrschenden Bilderflut. Die analoge Fotografie bietet Entschleunigung. Oft inspirieren Entdeckungen oder auch Grenzen, einen Weg einzuschlagen, den man so nicht gegangen wäre. Vielleicht könnte man unsere Werkstatt im WUK am besten so beschreiben: Ein kleines Medium, das man selber hat, ist besser als ein großes, das die andern haben.

Der Verein LumenX sucht derzeit neue Mitglieder, die mit der Dunkelkammerpraxis vertraut und am selbständigen Arbeiten in einem Gemeinschaftsatelier interessiert sind.
Anfragen bitte an lumenx@gmx.net.

Kerstin Pfleger ist Fotografin und Juristin, Ulrike Mayrhuber ist Grafikdesignerin und Fotografin.

Interview: Susanna Rade

LumenX: Fotografie 2

Do 4.4. bis Sa 6.4., 14 – 19 Uhr, Projektraum
Eröffnung: Mi 3.4., 18 Uhr
Im Rahmen von FOTO WIEN 2019

Mehr Info zur Ausstellung auf der Webseite.

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