Klarheit im schlammigen Wirrwarr
„Diese braune, brodelnde Brühe in den Becken sieht nicht gerade einladend aus, aber betrachtet man sie unter dem Mikroskop, dann entfaltet sich ein ganzer Mikrokosmos.“ Norbert Kreuzinger, Professor an der Technischen Universität Wien und Experte für die Mikrobiologie des Abwassers, zeigt Eva Seiler und mir einige Fotografien aus dem Elektronenmikroskop. Sie zeigen fantastische Kleinstlebewesen; lange wurmartige, kugelrunde mit tausenden Wimpern bedeckte, mit eleganten Geißeln bestückte. Die braune Brühe, die uns interessiert, ist der Klärschlamm. Er ist der wichtigste Faktor in der Reinigung des Abwassers in einer Kläranlage und er soll uns dabei helfen, eine viel zu große, aber drängende Frage zu stellen: Wie können Menschen ein weniger zerstörerisches Verhältnis zu ihrer nichtmenschlichen Umwelt kultivieren? Um uns an diese Frage heranzutasten, verwandeln Eva Seiler, zehn Künstler_innen und ich die Kunsthalle Exnergasse zeitweise in eine Kläranlage.
Text: Julia Grillmayr
Julia Grillmayr kuratiert gemeinsam mit der Künstlerin Eva Seiler die Ausstellung „Klärschlamm“ in der Kunsthalle Exnergasse. Sie ist Journalistin und Literatur- und Kulturwissenschafterin, die an der Kunstuniversität Linz zu zeitgenössischer Science Fiction und Zukunftsszenarien forscht, an der Universität für Angewandte Kunst in Wien zu Posthumanismus lehrt und bei Radio Orange die Sendereihe „Superscience Me“ gestaltet.
Klärschlamm
Mit Arbeiten von Sophie Marie Csenar, Heribert Friedl, Christina Gruber, Leon Höllhumer, Anastasia Jermolaewa, Georg Oberlechner, Michèle Pagel, Lukas Posch, Tomash Schoiswohl, Saskia Te Nicklin
Kuratiert von Julia Grillmayr und Eva Seiler
Do 23.1. bis Sa 29.2., Kunsthalle Exnergasse
Eröffnung: Mi 22.1., 19 Uhr
Symposium mit drei Impulsvorträgen zum Klärschlamm: Sa 1.2., 16 Uhr
Finissage mit Performances: Fr 28.2., 18 Uhr