Ein Hohlkörper ist dazu da, um befüllt zu werden.
Wie ist die Idee für den Titel des Festivals entstanden?
Der Name Jahresendzeitschokoladenhohlkörper (JESHK) leitet sich von einer in der DDR üblichen Paraphrasierung für Schokolade-Nikoläuse und Weihnachtsmänner ab. Der sperrige Charme dieser Wortkonstruktion, die sich um Neutralität abmüht, um die damals verpönte Götze christlichen Glaubens und des Konsums radikal-laizistisch beschreiben zu können, bleibt nicht frei von Humor. Das Wort passt außerdem zu einer Veranstaltung, die als gemeinsamer Jahresausklang der experimentellen Szene verstanden werden soll. Ein Hohlkörper ist dazu da, um befüllt zu werden. In diesem Fall, mit der Vielfältigkeit an musikalischen Ansätzen.
Jahresendzeitschokoladenhohlkörper ist ein Festival für experimentelle Musik, das bereits zum dritten Mal stattfindet. Was hat sich seit der Gründung des Festivals verändert?
Die Wiener Musikszene – gerade im experimentellen Bereich – hat einen langen Atem und entwickelt sich immer weiter durch ihr Beharren in einem weitgehend prekären Arbeitsumfeld. Die Veranstaltungen der Wiener Experimental-Musik-Szene basieren fast ausschließlich auf Eigeninitiative von Musiker_innen und Künstler_innen, die selbst organisieren und produzieren, Projekte und Plattformen entwickeln. Gerade in den letzten Jahren sind viele neue Initiativen entstanden, darunter „mitderstadtreden“ als offene Initiative für die freie Wiener Musikszene. Hier organisieren sich Musikschaffende und erarbeiten gemeinsame Vorschläge zur Verbesserung der Situation. All diese Entwicklungen sollen durch ein gemeinsames Festival sichtbar gemacht werden. Da es der Szene durchwegs an geeigneten Spielstätten fehlt, freut es uns umso mehr, dass dieses Jahr eine Kooperation mit WUK performing arts entstanden ist.
Warum fokussiert sich das Festival auf experimentelle Musik?
Experimentelle Musik entzieht sich gängigen Genre-Zuschreibungen. Dadurch wird es ermöglicht, abseits von stilistischen, oder gar ästhetischen Erwartungen zu veranstalten. Da die teilnehmenden Initiativen unterschiedliche musikalische/programmatische Schwerpunkte verfolgen (sei es komponierte/improvisierte Musik; U/E-Musik ...) ist dies auch der Schwerpunkt der Veranstaltung. Es entsteht ein breites Programm aus Soundperformances, Konzerten, DJ-Sets und anderen akustischen Interventionen.
Über 20 Organisationen beteiligen sich an diesem Festival. Nach welchen Gesichtspunkten wurden diese ausgewählt?
Kurz gesagt, eigentlich wurde niemand ausgewählt, aber natürlich haben nicht alle betroffenen Veranstalter*innen davon erfahren oder sind beteiligt. Deswegen repräsentiert der Jahresendzeitschokoladenhohlkörper wahrscheinlich am ehesten ein musikalisches Netzwerk das in den letzten Jahrzehnten in Wien gewachsen ist. Durch das gemeinsame Performen ergeben sich wiederum neue Konstellationen und durch den Aufruf zur Zusammenarbeit durchweg neue Verbindungen untereinander. Das trägt einer besseren Vernetzung unter den einzelnen Veranstalter_innen natürlich bei.