Veteranen der unvertanen Chance
Kreisky feiert 12-jähriges Bestehen. Das ist ob der Schnelllebigkeit des Popgeschehens eine sehr beachtliche Dauer. Wie schafft ihr es der ansonsten stark fluktuierenden österreichischen Musikszene zu trotzen?
Franz: Ja, ich denke, wir können recht zufrieden sind. Wir können die Musik machen, die wir machen wollen, wir haben ein recht ansehnliches und gutes Publikum, wir setzen uns keine zu großen Ziele. Das erhält die Motivation. Wir müssen uns fast immer ein bisschen zügeln, dass wir nicht schon die nächste Platte planen, bevor die aktuelle überhaupt im Presswerk ist.
Was hat sich in den letzten 12 Jahren verändert, was habt ihr dazu gelernt?
Franz: Das Umfeld, in dem wir Musik machen, hat sich durchaus geändert, etwa was Promotion angeht und soziale Medien. Vor zwölf Jahren sind wir noch mit siebzig einkuvertierten CDs aufs Postamt gelatscht. Wir haben sicher einiges dazugelernt, aber schnell CDs in Kuverts stecken haben wir wahrscheinlich schon verlernt…
Was die Musik betrifft… Man muss ja bedenken, dass wir alle einen recht unterschiedlichen Background haben, d.h. wir haben nicht angefangen mit einer Musikrichtung im Kopf, sondern wir haben erst mal herausfinden müssen, was die Summe unserer Einzelteile ist. Das wissen wir jetzt und drum können wir auch recht locker mal was ganz anderes machen wie unser Theaterstück “Viel gut essen” mit Sibylle Berg.
Euer neues Album Blitz wird im Pressetext als die Essenz aus 12 Jahren Kreisky bezeichnet: strahlend, heller, energetischer Pop. Was ist eurer Meinung nach, die Essenz von Kreisky?
Klaus: Nicht stehenbleiben. Jedes Album was neues versuchen und keinem Genre nachlaufen. Lieber sein eigenes Genre werden.
Als deutschsprachige Band wird man gern und schnell in eine gemeinsame Ecke gedrängt. Was haltet ihr von dem ganzen Wiener-Lied-Hype, der sich schon seit geraumer Zeit generiert. Ist es notwendig, dass sich die deutsche Sprache in der Popwelt neu positioniert? Wo verortet ihr euch?
Klaus: Man kann den Hype insofern verstehen, als das Wiener-Lied einfach auch eine klare Wiedererkennung hat, hier kann man gut zitieren, anknüpfen oder auch leider einfach mal nur wieder eine andere Sau durchs Dorf treiben.
Und das Österreichische Idiom, in Deutschland gern vereinfacht als das “Wienerische” verkauft, hat halt grad Saison. Mitte der Nuller-Jahre glaubten noch viele deutschsprachige Bands, einen auf Hamburg machen zu müssen. Alles hat auch wieder ein Ende.
Franz: Mit uns hat das ja wenig zu tun, ich sing ja im Prinzip hochdeutsch oder schriftdeutsch, nur dass ich den Akzent nicht vertusche. Ich find schon sehr viel Gutes bei diesen Wien-Sachen. Was ich halt gar nicht mag, ist, wenn sich was als authentisch verkauft und dann kommen in den Liedtext Worte vor, die kein Mensch mehr verwendet, die sind einfach aus Danzer-Liedern abgeschaut, und nicht vielleicht als Zitat. Sowas ist dann Austropop zweiter Ordnung.
Eure Bühnenshows sind ja ohnehin sehr performativ. Hat die Arbeit am Theater, die Zusammenarbeit mit Sibylle Berg wurde gerade erwähnt, eine neue Sicht auf die Bühne geliefert? Wie wichtig ist Performance im Zusammenhang mit Pop für euch?
Klaus: Unterhaltung im breit gedachten Sinn ist der Schlüssel. Performance ist ein Teil davon, egal ob es jetzt ein Theaterstück ist, ein Festival oder ein Clubgig vor ein paar Zuschauern. Aber das Theater hat uns schon einige Sachen gelehrt: das Arbeiten im großen Team, Arbeitsteilung generell, und dass man sich außerhalb der eigenen Blase nicht unter Wert zu schlagen braucht. Und Notenlesen haben wir uns auch noch raufgeschafft auf unsere Tage!
(uw)
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