Das „Spezielle“ hat sich als unbedeutend erwiesen

Das „Spezielle“ hat sich als unbedeutend erwiesen

Goldfuß unlimited performt mit beeinträchtigt und nicht beeinträchtigt KünstlerInnen

Die Unterscheidung von normal und nicht normal, von Projekten in „normalen“ künstlerischen Kontexten und dem performativem Ausdruck behinderter Menschen hat bei Goldfuß unlimited zunehmend an Bedeutung verloren.

Die Unterscheidung von normal und nicht normal, von beeinträchtigt und nicht beeinträchtigt, von Projekten in „normalen“ künstlerischen Kontexten und dem performativem Ausdruck behinderter Menschen hat bei Goldfuß unlimited zunehmend an Bedeutung verloren.

Goldfuß unlimited setzt sich aus Menschen, die in betreuten Einrichtungen wohnen, und Menschen, die professionell künstlerisch tätig sind, zusammen. Dabei bilden sich um einen fixen Kern immer wieder neue und alte Kooperationen. Umgesetzt werden künstlerische Projekte im Spannungsfeld von bildender Kunst, Performance, Medienkunst und Architektur.Wurde in früheren Projekten noch das „Spezielle“ der Gruppe auf Einladungskarten geschrieben, so hat sich in der jahrelangen Entwicklung die Trennung zwischen Beeinträchtigung und sogenannten „normalen“ Künstlern zunehmend als unbedeutend erwiesen.

In der Performance und Installation “anders wie (part 1)” sollte es ursprünglich um das Thema Flucht gehen, doch im Laufe des Projektprozesses wurde die Wand immer größer, die PerformerInnen hatten andere Prioritäten und das Thema schien in allen Facetten bereits ausreichend bearbeitet worden zu sein. Dagegen wurden Materialien wichtig. Die PerformerInnen bezogen sich auf die mitgebrachten Objekte, den Ton und den Raum. Aus den Einzelteilen wurde ein Gesamtes geschaffen, indem sich individuelle und kollektive Handlungen entwickelten.

 

Auf die Frage nach dem Interesse an der Arbeit bei Goldfuß unlimited antworten die Mitglieder erwartungsgemäß unterschiedlich.
Johanna Tatzgern, die treibende Kraft hinter Goldfuß unlimited: „Mich interessiert die Zusammenführung der Menschen zueinander, sowie zu Material, Musik, Raum. Aber auch zu sehen, wie sich das Projekt oft auch in schwierigen Entscheidungsphasen entwickelt, die Gratwanderung zwischen der eigenen Vision, der Vision der KünstlerInnen und wie sich dann eine Arbeit gestaltet, wo sich jeder finden kann.„
Steffi, Ilse und Angela haben auf der Bühne eine starke Präsenz; es ist Herausforderung und Ehre zugleich, mich unter ihnen zu bewegen.“ Martin Tomann, Performer

In der Arbeit geht es primär um Gleichwertigkeit der Beteiligten. Der Schwerpunkt liegt im Miteinander und in der Art, wie aufeinander reagiert wird. Goldfuß unlimited bezieht sich stark auf den Raum. Die inhaltliche Arbeit entsteht teilweise aus der Anordnung des jeweiligen Performanceraumes. Die Herausforderung ist die Zusammenführung verschiedener Elemente. Die Unterschiedlichkeit der PerformerInnen zulassen, ihnen Raum geben und doch inhaltlich zeitgemäße Themen anzugehen. Goldfuß unlimited versucht ohne theatralische Mittel Inhalte zu erarbeiten. Die Inhalte entstehen aus dem Alltäglichen und werden in eine performative Handlung transformiert.

Ilse Reiser, Performerin

„Die Senisbilität verbunden mit einer bestimmten Direktheit, die vorherrscht, die mag ich.“  Maria Hanl, Performerin

„Und der Zweck?“ frage ichJohanna. „Vielleicht muss es keinen Zweck erfüllen, sondern hat einfach die Berechtigung, da zu sein. Es ist die Möglichkeit, Dinge anders zu sehen als sie ursprünglich wahrgenommen wurden und die Möglichkeit, Meinungen gegenüber Menschen, die anders sind, zu überdenken und Hemmschwellen zu verlieren. Bei Goldfuß unlimited erlebe ich immer wieder große Überraschung vom Publikum. ‚Wie ist die Arbeit choreographiert?‘ ‚Man erkennt nicht, wer in einer betreuten Einrichtung wohnt und wer nicht!‘  bis hin ‘Wie gelingt es, die Konzentration so lange zu halten!‘“
Alle Beteiligten im Projekt sind aufgefordert, offen und ohne Vorurteile zu agieren. Das öffentlich gezeigte Ergebnis des künstlerischen Prozesses lässt das im besten Fall sichtbar werden. Die Kunst zeigt an diesem Punkt eine mögliche Realität, gesellschaftlich festgefahrenen Positionen können neu überdacht werden.

Goldfuß unlimited/Johanna Tatzgern  arbeitet nicht innerhalb einer Einrichtung, sondern agiert als freie  Performancegruppe.

(Text: Susanna Rade)

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