Nacktheit ist oldschool

Zwei boxende Frauen im Boxring
(c) Anna van Kooij

Nacktheit ist oldschool

Interview

Florentina Holzinger hat Helma Bittermann verraten, wie sie für ihre akrobatischen Auftritte trainiert, was sie von Nacktheit auf der Bühne hält und warum sie immer applaudiert, auch für Scheiße.

Florentina Holzinger und Vincent Riebeek sind mit der Wiederaufnahme ihrer ersten Zusammenarbeit „Kein Applaus für Scheiße“ (2011) beim Saisonabschluss von WUK performing arts zu Gast. Mit Akrobatik, Trash und jeder Menge popkultureller Referenzen drücken sie darin die Reset-Taste für die Body- und Performance-Art seit den 1960er-Jahren.

Wie bist du auf die Idee gekommen, Tanz zu studieren? Ein „Mädchentraum“?

Nein, ich hatte nie diesen „Mädchentraum“, ich fand Tanz eher uncool und hab mich mehr über meinen Intellekt definiert. Ich hab ja auch erst spät angefangen mit Tanz. Eigentlich erst in meinen late teens. Ich fand die Bewegung dann einfach ein ziemlich leiwandes Mittel sich mit dem Körper auseinanderzusetzen, gerade in einem Umfeld, das ich als extrem befangen empfand, was das Körperliche anging. In dem Sinn hat es vielleicht schon zu tun mit einer Art Mädchentraum, denn es war notwendig, meinen Körper in den Mittelpunkt zu stellen, mir auch diese Freiheit und diesen Luxus einer Obsession mit dem Körper zu erlauben – das hat ja durchaus etwas Masturbatorisches!

Du entsprichst mit deinem trainierten Körper so gar nicht dem Klischee einer Tänzerin oder auch einer Performerin. Möchtest du mit dem Frauenbild auf den Performancebühnen auch ein wenig aufzuräumen?

Tu ich nicht? Haha! Ich mag das an Körpern, wenn sie ihre Praxis nicht verheimlichen können und generell, dass sie so ein Transformationspotential haben. Es hat mich auch immer wahnsinnig gemacht, wenn in Kompanien megatrainierte Tänzer_innen einfach nur rumgesessen sind – als würden sie ihre Muskeln davon kriegen!? Ich wollte die immer viel lieber schwitzen sehen. Für jede Show, die ich gemacht hab, hab ich mir immer den geeigneten Körper dafür zugelegt. Erstens hat mir das erlaubt, die Sachen zu machen, die ich eben gerade machen will ohne mich zu verletzen und zweitens war der Körper wie ein Kostüm für mich.

In deiner letzten Produktion ging es um Martial Arts. Was trainierst du gerade so?

Mein Trainingsplan ist eine wilde Collage, hauptsächlich davon abhängig, welche Möglichkeiten ich gerade habe und natürlich, woran ich gerade arbeite. Für gewisse Shows muss ich mich spezifisch vorbereiten, aber ich mach das eher im Crashverfahren und hoffe immer, dass das jeweilige Training das andere irgendwie unterstützt. Ich arbeite gerade an einem Solo für eine Ballerina auf Spitzenschuhen. Aber ich schiebe das ziemlich auf im Gegensatz zu Martial Arts – das interessiert mich nach wie vor sehr, sehr, sehr.

Auf den europäischen Performancebühnen sieht man neuerdings immer mehr nackte Körper (Mette Ingvartsen, Doris Uhlich, Simon Mayer). Wie erklärst du dir diesen „Trend“?

Was? Nackte Körper sind doch kein Trend!? Ich möchte nicht gemein sein, aber das ist doch der totale Untrend, totale Nacktheit ist doch so oldschool! Nacktheit ist eine Art von Prüderie auf der Bühne, dachte ich oder wirkt zumindest auf mich oft so. OK, ich übertreibe jetzt. Wie auch immer, man muss das immer abschätzen, das ist letztlich nur eine von fünf Millionen Entscheidungen, die man trifft, wenn man eine Show macht. Ich bin letztens wieder mehr an FKK interessiert und am Gedanken, dass das Publikum nackt ist.

Beyoncé oder Rihanna?  

RH

Miley Cyrus oder Ariana Grande? 

MC

Stichwort „Kein Applaus für Scheiße“, wann bleibt dein Applaus aus?

Ich applaudiere eigentlich immer, weil ich eine höfliche Zuschauerin bin. Auch ist man ja immer ein bisschen ‘selbst schuld’, es hat einen ja niemand dazu gezwungen, sich etwas anzuschauen.

Von Helma Bittermann

Saisonabschluss WUK performing arts

Florentina Holzinger & Vincent Riebeek
Kein Applaus für Scheiße
Fr 3.6. und Sa 4.6., 20 Uhr, Saal

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