WUK wächst

Jungpflanzen
© Benedikt Mündl

WUK wächst

Eine Reportage von Markus Mittermüller

Der sozialintegrative Betrieb WUK bio.pflanzen in Gänserndorf bietet neben gärtnerischer Expertise vor allem eines: Arbeit und soziale Betreuung für Menschen, die lange vom Arbeitsleben ausgeschlossen waren. Im April gibt's einen Tag der offenen Tür samt Jungpflanzenmarkt.

Der vom Arbeitsmarktservice Niederösterreich finanzierte sozialintegrative Betrieb WUK bio.pflanzen beschäftigt 25 langzeiterwerbslose Personen in der biologischen Produktion von Zierpflanzen und Kräutern sowie in der Pflege von Grünflächen. WUK bio.pflanzen ist eine von zwölf Bildungs- und Beratungseinrichtungen des WUK. Der nachfolgende Artikel spannt einen Bogen vom ersten Ausbildungsprojekt bis in die Gegenwart. Heute unterstützt das WUK jährlich mehr als 4.000 Menschen bei ihrem Einstieg in die Arbeitswelt.

Noch sprießen die Narzissen nur in den Gewächshäusern am Gelände von WUK bio.pflanzen. Doch schon bald wird der Großteil der einen Hektar großen Sozialen Landwirtschaft in frischem Grün und voller Blütenpracht stehen. Aufblühen – zumindest im übertragenen Sinn – sollen hier auch jene rund 25 Menschen, die nach langer Zeit der Arbeitslosigkeit wieder eine Chance bekommen, ins Erwerbsleben einzusteigen und neue Fertigkeiten zu erlernen.

Weg aus der Sackgasse

Wer die Entwicklung am Arbeitsmarkt verfolgt, dem vergeht schnell der Sinn nach blumiger Metaphorik. Was nach 300 Bewerbungen und mehr als sechs Jahren nahezu durchgehender Arbeitssuche übrigbleibt ist bestenfalls kühler Pragmatismus. „Wer so eine Zeit hinter sich hat, kann einfach nicht mehr positiv eingestellt sein.“ Seit Oktober arbeitet Konrad* nun bei WUK bio.pflanzen und übernimmt die unterschiedlichsten Tätigkeiten, die im Betrieb anfallen – von der Pflege der Pflanzen bis zum Baumschnitt. Mit seinem erlernten Beruf – seine Lehre hat er im Waffen- und Munitionshandel absolviert – haben diese Aufgaben nichts mehr zu tun. Aber genau das reizt den 40-Jährigen. „Anfangs habe ich mir überhaupt nicht vorstellen können, in einer Gärtnerei zu arbeiten. Doch gerade die Abwechslung hier gefällt mir am meisten.“

Auf Abwechslung und Flexibilität hat der Langzeiterwerbslose auch während seiner Arbeitssuche gesetzt. Etwas anderes blieb ihm auch nicht übrig, nachdem die Krise im Jahr 2008 die Autobranche erfasst und er seinen Job als Verkäufer verloren hat. „Von der Sportbranche bis zum Mietwagenchauffeur hab ich alles gemacht, auch für die freiwillige Hochwasserhilfe habe ich mich gemeldet.“ Wer wirklich arbeiten will, der findet auch etwas. Ein Stammtisch-Mythos, der durch die Geschichte von Konrad einmal mehr entzaubert wird. Auch eine Umschulung in Richtung Erneuerbare Energien und Elektrotechnik hat nicht den gewünschten Erfolg gebracht.

„Irgendwann hat man sein eigenes Wissenspensum ausgeschöpft, was man noch alles machen könnte“, so Konrad. Ohne Hilfe wurde es immer schwerer, sich selbst aus einer „Sackgasse" zu manövrieren. Aus diesem Grund bietet WUK bio.pflanzen neben der Qualifizierung im Gartenbereich und der Unterstützung bei der Jobsuche auch soziale Begleitung. In Zusammenarbeit mit seinem Berater ist es dem Arbeitssuchenden gelungen, sich eine neue Perspektive zu eröffnen. Ab Frühjahr übernimmt Konrad die Grillplatzkontrolle auf der Donauinsel. Und obwohl die Arbeit saisonal begrenzt ist – für ihn ist sie mehr als ein Strohhalm. „Das ist ein Fahrradjob und genau das, was ich privat auch gern mache. Und vielleicht kann ich mich in der Gemeinde auch umorientieren und später einen Winterdienst übernehmen.“

Lehrabschluss als Ziel

Vom Gärntnereibetrieb gar nicht mehr trennen möchte sich hingegen Samira*. „Ich liebe das Topfen von Pflanzen im Glashaus, sie sind meine Babys. Ich bleibe manchmal sogar länger hier, bis wirklich alle gut versorgt sind.“ Der Grund, warum die gebürtige Türkin lange vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen war, ist klassisch. „Ohne Kopftuch hätte ich sofort im Verkauf anfangen können“, so die 25-Jährige. Zu diesem Zugeständnis war Samira jedoch nicht bereit. Nach ihrer Heirat mit 19 Jahren stand für sie die Familie im Vordergrund. Ihre beiden Kinder, die heute sechs und vier Jahre alt sind, benötigten ihre volle Aufmerksamkeit. Versuche, andere berufliche Richtungen einzuschlagen, scheiterten. „Als Kindergartenpädagogin fühlte ich mich selbst nicht geeignet, die Arbeit als Pferdepflegerin war körperlich zu schwer.“ Von WUK bio.pflanzen hat Samira von einer Freundin erfahren. Deren gute Erfahrungen haben die anfänglichen Zweifel der 25-Jährigen schnell beseitigt. „Gartenarbeit habe ich mir früher überhaupt nicht vorstellen können.“ Doch sowohl die Arbeit als auch das Umfeld haben Samira von Anfang an begeistert. „Hier zu arbeiten ist wie eine Therapie. Auch der Zusammenhalt unter den Kolleginnen und Kollegen ist großartig.“ Samiras erklärtes Ziel: die Absolvierung einer Gärtnerei-Lehre direkt bei WUK bio.pflanzen.

Begegnung auf Augenhöhe

Wesentlichen Anteil am guten Betriebsklima hat die Leiterin von WUK bio.pflanzen, Ursula Königer. Im seit 2009 bestehenden Betrieb charakterisieren Respekt und Wertschätzung das Verhältnis zwischen den beschäftigten Arbeitssuchenden und den sieben im Fachjargon so genannten Schlüsselkräften, welche die Beschäftigten fachlich und sozial betreuen. „Wir sind wie ein Familienbetrieb“, meint Königer.

Trotz des großen Engagements gelingt es nicht allen Beschäftigten, unmittelbar nach ihrer Tätigkeit bei WUK bio.pflanzen einen Job zu finden. Vor allem für ältere Personen ist es bei der derzeitigen Wirtschafts- und Arbeitsmarktlage sehr schwer, eine Arbeitsstelle zu bekommen. Wer nur mehr wenige Jahre bis zur Pension hat, dem finanziert das Arbeitsmarktservice einen längerfristigen Arbeitsplatz im Projekt. Sonja* beispielsweise kann dreieinhalb Jahre hier bleiben, bis sie in Pension geht. „Für mich ist das ein absoluter Glücksfall“, meint sie. Nachdem sie mit ihrem Massage- und Solariumstudio in finanzielle Schwierigkeiten gekommen war, stand sie plötzlich auf der Straße. Beim Gänserndorfer Betrieb kann sie jetzt ihrer Leidenschaft nachgehen. „Ich arbeite gern mit Erde. Man sieht, wie die Pflanzen gedeihen und kann ihren gesamten Wachstumszyklus verfolgen.“ Schön, dass jetzt im Frühling das große Wachsen wieder losgeht.

* Name von der Redaktion geändert.

Markus Mittermüller ist freier Journalist in Wien.

Tag der offenen Tür

Wer sich selbst ein Bild von WUK bio.pflanzen machen will, kann die Gelegenheit am Fr 17.4. nutzen.
Von 10 bis 17 Uhr findet in der Novofermstraße 11, 2230 Gänserndorf ein Tag der offenen Tür mit Jungpflanzenmarkt statt.

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