Die Vision Jazz im Club
Elektronische Musik ist einer der tückischsten Genreschubladen der Musikgeschichte. Man könnte auch einfach nur „Musik“ sagen, es würde das Thema nicht schlechter treffen. Der Zusatz „elektronisch“ lenkt die Vorstellung zumeist auf eine undurchsichtige, gar falsche Fährte.
Jamal Hachem, Betreiber des österreichischen Plattenlabels Affine Records, kennt die Problematik. Der 34-jährige Wiener ist ein ruhiger Mensch, trinkt keinen Kaffee und bleibt auch bei seinem Besuch im sommerheiß brütenden WUK, bei dem die letzten Details zur „Affine Records Label Night“ besprochen werden, lieber beim Glas Wasser. Hier erzählt er, wie Affine Records tickt und was elektronische Musik alles sein kann.
Affine Records hat ein Standing in dieser Welt. Der Output des Labels aus Wien ist hochkarätig und sorgt auch international für Aufsehen. „Wir haben offiziell 2008 mit dem Label gestartet, haben aber auch schon die Jahre davor ein Umfeld geschaffen, in dem viel Musik passiert ist und produziert wurde. Vereinzelt wurden Clubs veranstaltet, wir haben uns aber nie als Partyreihe verstanden. Wir sind nicht wirklich aus einer Szene herausgewachsen, im Gegenteil, wir hatten damals eher den Eindruck, dass es gar nicht so viele Gleichgesinnte gab, die unsere Musikinteressen und unsere Vision geteilt haben“.
Wenn Jamal Hachem von Affine im Plural spricht, dann meint er damit nicht immer nur das Label. Nach mehrmaligem Nachhaken wird deutlich, was bei Affine Records an vorderster Stelle steht. „Wir, das sind die Artists.“
Überhaupt muss man bei Jamal immer ein bisschen Nachhaken. Hinter seiner Bescheidenheit verbergen sich jene Punkte, die es hervorzuheben gilt. Neben dem Kollektivgedanken ist es vor allem die Vision, die bei Affine im Vordergrund steht und sie so erfolgreich und einzigartig macht.
„Unserer Berührungspunkte haben viel mit Englischer Electronica zu tun, da sehen wir uns am ehesten subkulturell verankert.“ Jamal streicht das Londoner Label Ninja Tune und auch Warp Records heraus und führt noch weitere „atmosphärischen Anknüpfungspunkten“ an, wie Broken Beat und Jungle, um dann den eigentlichen Kern im Affine Universum punktgenau treffen: „…und natürlich nicht unwesentlich ist improvisierte Musik und Jazz, aber eine Definition von Jazz, der auch im Club stattfinden kann.“
Jazz im Club. Es kann so einfach sein. Ein Lehrbeispiel in Sachen Genreschubladen, wie eingangs angedeutet wurde. Denn außer auf die Verwendung von Stromkabeln deutet die Bezeichnung „elektronische Musik“ auf gar nichts hin.
Dorian Concept ist wohl der bekannteste Artist bei Affine und wird als Paradebeispiel der Vision Jazz im Club angeführt. Mit Live-Instrumentierung (Schlagzeug, Piano, Bass) spielt Oliver Thomas Johnson alias Concept eigentlich nichts anderes als Funk und Acid-Jazz in seiner modernsten Art. Die Labelkollegen Cid Rim und The Clonious stehen ihm live zur Seite und bilden somit das selten gesehene Dorian Concept Trio. Auch Ogris Debris, die zwar im House angesiedelt sind, werden an diesem Abend „live live“ zu sehen sein.
Zum Abschluss streicht Jamal, diesmal ohne nachzuhaken, hervor, wofür Affine Records noch steht: „Live Musik zu spielen ist zweifelsohne die beste Präsentationsform von Musik überhaupt. Die Idee für eine Label Night, an der (fast) alle unsere Artists an einem Abend auf der Bühne stehen, hatten wir schon zu Beginn des Jahres. Wir haben lange darauf hingearbeitet. Wir sind froh, dass es im WUK über die Bühne gehen wird“.
Fast könnte man meinen, Jamal spricht ab und zu auch im Majestätsplural …
Von Daniel Eberharter
Affine Label Night
Dorian Concept, Ogris Debris, Sixtus Preiss uvm.
Sa 24.10., TBA, Saal