Aus dem Archiv
Als der Verein zur Schaffung offener Kultur- und Werkstättenhäuser, kurz WUK, 1981 das ehemalige TGM in der Währinger Straße übernahm, war der riesige Komplex in desolatem, teilweise mutwillig zerstörtem Zustand. Für ein nur annähernd funktionsfähiges Haus waren erst zahlreiche Instandsetzungs- und Ausbauarbeiten nötig. Das WUK hatte allerdings weder das Know How, die Instandsetzungen mit eigenen Kräften zu bewältigen, noch die finanziellen Mittel, sie professionell durchführen zu lassen. Gleichzeitig gab es in Wien jede Menge Jugendliche, die aus dem einen oder anderen Grund keine Lehrstelle fanden. Was lag also näher, als ein öffentlich gefördertes Beschäftigungsprojekt für schwer vermittelbare Jugendliche zu initiieren? Die Verknüpfung von Sozial- und Kulturpolitik lag ganz im Sinne des Vereinsgedankens der Schaffung und Unterstützung von Gegenkultur. Unzählige Gruppen, vom Theater bis zur Alternativschule, erhielten so im WUK nutzbaren Raum für ihre Aktivitäten, gleichzeitig konnte ein wichtiger Beitrag gegen die Jugendarbeitslosigkeit geleistet werden.
Im November 1982 wurden ein Maurermeister und die ersten Jugendlichen angestellt, um die dringendsten Renovierungsarbeiten durchzuführen. Ausgehend von einer Studie des europäischen Zentrums für soziale Wohlfahrt über die triste Lage arbeitsloser Jugendlicher in Wien entwickelten das WUK und die Abteilung für experimentelle Arbeitsmarktpolitik in der Arbeitsmarktverwaltung ein Modell, das einerseits bezahlte Arbeit, Ausbildung und sozialpädagogische Unterstützung für bis dato arbeitslose Jugendliche und andererseits dem WUK Unterstützung bei den Renovierungsarbeiten gewährleistete. Damit war der Grundstein für das spätere WUK-Jugendprojekt, die erste langfristige, öffentlich finanzierte Ausbildungsinitiative im Haus, gelegt. Ein Jahr lang wurden Jugendliche in den Arbeitsgruppen Maurerei, Malerei/Anstrich, Tischlerei von drei Meistern fachlich angeleitet und von Sozialforscher_innen bei ihren persönlichen Entwicklungsschritten und der anschließenden Arbeitssuche begleitet.
Der praxisorientierte Projektansatz erwies sich als richtungsweisen. Die Teamarbeit von Sozialbetreuer_innen und Meister_innen bzw. Gesell_innen mit regelmäßiger Supervision und die gemeinsame Zielentwicklung mit den betroffenen Jugendlichen ermöglichten es, den zunehmenden Ausgrenzungstendenzen sogenannter Problemgruppen am Arbeitsmarkt ein Modell der Integration gegenüberzustellen. Besonderes Augenmerk wurde im Projekt auf Mädchen gelegt: Durch die bevorzugte Anstellung von Meisterinnen und Gesellinnen wurde den Mädchen Mut gemacht, bisher nicht übliche Berufswünsche in die Tat umzusetzen.
Die Erfahrungen des ersten Projektjahres waren eindeutig positiv: 60 % der Mädchen und Burschen fanden anschließend Arbeit bzw. eine Lehrstelle. Trotz mancher Schwierigkeiten mit den Jugendlichen im Haus überwog der sozialpolitische Anspruch, sich weiterhin gegen Jugendarbeitslosigkeit einsetzen zu wollen: 1984 übernahm das WUK die Projektträgerschaft für das Jugendprojekt und schuf so die Basis für dessen ständige Weiterentwicklung.
Heute begleitet das WUK in 12 Bildungs- und Beratungseinrichtungen jährlich mehr als 4.000 Menschen beim Einstieg in die Arbeitswelt, um ihre größtmögliche Teilhabe an der Gesellschaft zu sichern. Das Angebot reicht von Beratung und Coaching über Berufsorientierung und Pflichtschulabschlusskurs bis hin zur Beschäftigung in der Sozialen Landwirtschaft. Durch die langjährige Erfahrung konnte sich WUK Bildung und Beratung als Kompetenzzentrum in der beruflichen Integration etablieren.