After-Ripening & Corruption – Paraphrasing Manners
Having lived as ‘others’ in various societies, Mako Ishizuka acquired resilience, parallax and the licence for leaps, which she uses to play with rules, norms and logics, and to ruminate on the findings and questions that surface in the shades of distances.
Developing her ongoing project around the language and cultural translations in the lives of people moving, she turns the spotlight on social manners as a form of reflex and non-verbal communication and as something that reflects culture, moral and mentality. As a threshold to intervene gently into social situations and thoughts, she observes the social actions and manners that are not the object of the gaze, and their diffusion. Through the dialogue and collaboration with those who are deeply conscious about their physicality in the act of communication, she attempts to invent and implement daily social manners that can be »the slow-acting antidote/trigger« to lead to an imagined society.
Mako Ishizuka ist Residentin im KEX Studio von April bis Juni 2019.
In Kollaboration mit TOKAS
INTERVIEW mit Mako Ishizuka
Die Kunsthalle Exnergasse (KEX) vergibt seit 2012 Stipendien für Künstler_innen- und Research-Residenzen im KEX Studio. Mako Ishizuka ist dort von April bis Juni 2019 zu Gast. Es ist das erste Austauschprogramm der KEX in Kooperation mit TOKAS – Tokyo Arts and Space.
KEX: Mako, wie hat sich deine Teilnahme am Residenz-Programm der Kunsthalle Exnergasse ergeben?
MAKO ISHIZUKA: Die Idee war, mein laufendes Projekt über verschiedene Plattformen weiterzuentwickeln, sodass der jeweilige Kontext seinen spezifischen Einfluss auf das Thema nimmt, und wo meine „Fremdheit“ Inspirationen und Herausforderungen bewirkt.
Eines Tages bekam ich in Paris im Wechselgeld eine 50-Cent-Euromünze. Sie trug das Bild der Secession, was in Frankreich nicht so häufig vorkommt. Ich wertete das als eine Art Einladung und entschied, mich für diese Möglichkeit zu bewerben. (Und die Münze kehrte mit mir hierher zurück „nach Hause“.)
KEX: Könntest du uns ein bisschen über deine künstlerische Praxis und dein Projekt „AFTER-RIPENING & CORRUPTION – PARAPHRASING MANNERS“ erzählen, an dem du gerade auch während deiner Residenz hier in Wien arbeitest?
MI: Weil ich oft als eine „andere“ in unterschiedlichen Gesellschaften lebe, versuche ich, in die Leerstellen zu intervenieren, die sich an der Schnittstelle zwischen dem unmittelbar Alltäglichen und der äußeren Welt ergeben, und nutze dafür meine Erfahrungen und Vorstellungskraft als Ausgangspunkt. Das nimmt dann verschiedene Formen an, wie Installationen, Aktionen, relationale Projekte und Essays.
Das aktuelle Projekt dreht sich um Übersetzungen von Sprache und Kultur im Leben von Menschen, die sich in Bewegung befinden. Es entstand aus der Erfahrung, wie ich damit kämpfte, ein Essay, das ich ursprünglich auf Englisch geschrieben hatte, in meine Muttersprache, Japanisch, zu übersetzen.
„After-ripening“ ist englisch für „Nachreife“, einen Ausdruck, den Walter Benjamin in seiner Beschreibung des Übersetzens gebraucht hat. Korruption wiederum bedeutet einen Prozess des Verfalls und wird auch in Verbindung mit dem Wandel der Sprache gebracht. Ich begann das Projekt so zu nennen, weil damit diese organische Qualität suggeriert wird, die unterschiedliche Assoziationen weckt. Man kann damit das Thema auch auf gewohnten Ebenen wahrnehmbar machen – indem etwa Bananen projiziert werden.
KEX: Was interessiert dich speziell an der Wiener/österreichischen Kultur?
MI: In Wien gestalte ich ein „Essay“ dieses Projekts, das soziale Umgangsformen und Gesten als Form der nonverbalen Kommunikation reflektiert und versucht, Umgangsformen zu erfinden, die wie ein langsam wirkendes Heilmittel zu einer anderen Gesellschaft führen können.
Momentan fasziniert mich das Gefühl der Präsenz und Unmittelbarkeit für mein Projekt und ich denke, die vielfältige Performance-Szene und das gesellschaftspolitische Klima in Wien bzw. Österreich könnten mir bei der Vertiefung in meine Fragestellungen behilflich sein.
KEX: Im Innenhof des WUK kann man die weiße Zeichnung und den Text am Fenster des KEX Studios sehen, gleich über dem Eingangsbereich zum Konzertsaal. Diese Methode hast du früher schon an anderen Orten angewandt, nämlich das Fenster als Bildfläche am Übergang zwischen dem vorwiegend privaten Raum der Produktion und dem öffentlichen Raum des Ausstellens zu nutzen. Welche Erfahrungen hast du damit gemacht, wie war die Resonanz?
MI: Karten von Gedanken zu zeichnen ist Teil meiner Praxis, die ich schon immer in meinen Notizbüchern betrieb.
Ich begann damit, sie bei Projekten mit einem gesellschaftlichen Fokus auf Fenster mit gespiegelter Schrift zu übertragen, um „öffentlich zu denken“ und die „andere Seite“ anzusprechen.
Die Reaktionen sind unterschiedlich – Hinschauen ohne direktem Augenkontakt, durchlesen, mit Gesten antworten, mit mir sprechen, einen Dialog starten. Es brachte mich dazu, auf die performativen Qualitäten meiner Arbeit zu achten.
KEX: Vielen Dank für das Interview, wir freuen uns schon darauf, am 26. Juni um 19 Uhr im KEX Studio noch mehr von dir zu sehen und zu erfahren!