Zeit

Do 17.3.2011 - Mi 20.4.2011
13.00 - 18.00 Uhr

Ort

Kunsthalle Exnergasse

kegnschtelik, 2011, Detail
Kunst

eine Arbeit die das, was sie reflektiert, nicht loswird.

Auseinandersetzungen über Kontinuitäten und Brüche kolonialer, faschistischer und nazistischer Praktiken in Österreich

Eröffnung: Mittwoch, 16.03. 2011, 19 Uhr

Ausgehend von der Verwicklung Österreichs in koloniale Praktiken der Gegenwart und Vergangenheit sowie deren Querverbindungen zu imperialen und faschistischen Expansionspolitiken versammelt die Ausstellung künstlerische Positionen, die eben diese Praktiken betrachten und ihnen widerständige Strategien entgegensetzen. Die mehrdimensionale Sichtweise auf miteinander verwobene Vergangenheiten soll dabei bestehende Gedächtniskonkurrenzen herausfordern und Handlungsräume für gegenwärtige Prozesse politischer und antirassistischer Selbstermächtigung eröffnen.

Ein Ausstellungsprojekt von und mit
Petja Dimitrova, Lina Dokuzović, Eduard Freudmann, Can Gülcü und Ivan Jurica

sowie mit Ljubomir Bratić/Richard Ferkl, Christian Gangl, Nina Höchtl, kegnschtelik – Yiddish Resistance 3.0, maiz – Autonomes Zentrum von und für Migrantinnen, Marcel Mališ, Ivana Marjanović, MigrafonA, Katharina Morawek, Plattform Geschichtspolitik, Recherchegruppe zu Schwarzer österreichischer Geschichte und Gegenwart/Pamoja, Marika Schmiedt

Veranstaltungen:

Mittwoch, 23. März 2011, 19 Uhr
Workshoppräsentation: Geschichtspolitische Öffentlichkeiten: Türk_innenritte in und um Wien
Mittwoch, 30. März 2011, 15 Uhr
Führung durch die Ausstellung unter Mitwirkung teilnehmender Künstler_innen
Mittwoch, 30. März 2011, 19 Uhr
Podiumsdiskussion: Der Drang nach Osten – Geschichte und Gegenwart österreichischer Expansionspolitiken
Dienstag, 12. April 2011, 19 Uhr  (Diese Veranstaltung ENTFÄLLT leider!)
Podiumsdiskussion: Postkolonialismus vs. Post-Shoaismus? Über Versuche, Gedächtniskonkurrenzen auszuhebeln.
Mittwoch, 13. April 2011, 19 Uhr
Podiumsdiskussion: Seavas Abi und Sista, bildet communities of resistance! ”Kanak_innenrap“ als Intervention in migrationspolitische Debatten?


Als eine Arbeit, die das, was sie reflektiert, nicht loswird, bezeichnet Astrid Messerschmidt eine Erinnerungsarbeit, die sich mit eliminatorischen Gewaltherrschaften wie Kolonialismus und Nazismus auseinandersetzt, wobei deren Ähnlichkeiten und Unterschiede, deren Kontinuitäten und Brüche betrachtet werden – stets unter der Prämisse, die Unabgeschlossenheit und Unabschließbarkeit von Geschichte als Feld ständiger Verhandlungen zu verdeutlichen. Gemeint ist eine Erinnerungsarbeit, die danach strebt, die Relativierung von Genoziden und die Erschaffung von Gedächtniskonkurrenzen zu vermeiden, in denen Viktimisierungsgeschichten gegeneinander ausgespielt werden. Eine Arbeit, die stattdessen beabsichtigt, Narrative zu evozieren, welche sich nicht ausschließlich als Fortsetzung bestehender Geschichtsbilder oder als Abgrenzung von diesen verstehen, sondern mehrdimensionale Sichtweisen auf miteinander verwobene Vergangenheiten ermöglichen.

Eine Arbeit, die das, was sie reflektiert, nicht loswird bedeutet auch die Auseinandersetzung mit den Nachwirkungen kolonialer, faschistischer und nazistischer Praktiken und deren Zusammenhängen mit gegenwärtigen Rassismen und Ausschlussmechanismen. Hierbei soll jene Erinnerungsarbeit, die postnazistisch und postkolonial zugleich ist, dazu dienen, gegebene Politiken der Prekarisierung, Entrechtung und Ausbeutung zu untersuchen und dabei die vielfältigen Widerstandspraxen dagegen mit zu berücksichtigen. Es ist eine Arbeit, die Räume für das politische Handeln von Subjekten eröffnet, um Prozesse antifaschistischer und antirassistischer Selbstermächtigung hervorzubringen.

Eine Arbeit, die das, was sie reflektiert, nicht loswird stellt darüber hinaus den Versuch dar, ineinander verstrickte, unabgeschlossene und widersprüchliche künstlerische Positionen zu versammeln. Die in der Ausstellung vertretenen Arbeiten untersuchen Transitionsprozesse und damit verbundene neokolonialistische Strukturen in post-sozialistischen Ländern (Ivan Jurica, Marcel Mališ), analysieren österreichische Kolonialgeschichten (Nina Höchtl, Katharina Morawek) und Gedenkpolitiken (Christian Gangl, Plattform Geschichtspolitik), verweisen auf den Zusammenhang zwischen nationalstaatlicher Identitätskonstruktion und rassistischer Objektivierung (Petja Dimitrova, Die Recherchegruppe zu Schwarzer österreichischer Geschichte und Gegenwart/Pamoja) und stellen sich der Medialisierung und Normalisierung der Diskriminierung von Minderheiten entgegen (Ljubomir Bratić/Richard Ferkl, Can Gülcü, kegnschtelik – Yiddish Resistance 3.0). Sie zeigen Potentiale kollektiver und selbstermächtigender Handlungsmodelle wie Selbstorganisierung und Selbsthistorisierung auf (MigrafonA, Marika Schmiedt), entwickeln Strategien gegen normative Stereotypisierungen von Gender, Klasse oder Migration (Lina Dokuzović, maiz) und beschreiben die Schnittstelle von Kunst, Theorie und Aktivismus als Ausgangspunkt für politische Interventionen (Eduard Freudmann/Ivana Marjanović).

Die Ausstellung eine Arbeit, die das, was sie reflektiert, nicht loswird wird von einer Gruppe Künstler_innen und Kulturarbeiter_innen organisiert, die durch eine gemeinsame Geschichte künstlerischer, theoretischer und aktivistischer, folglich auch politischer Auseinandersetzungen miteinander in Verbindung stehen.