Der Drang nach Osten – Geschichte und Gegenwart österreichischer Expansionspolitiken
Bekanntermaßen weisen die österreichische Gesellschaft und ihre Geschichtsschreibung jegliche Teilhabe am europäischen Kolonialismus entschieden von sich. Diese Behauptung erscheint insbesondere angesichts des über Jahrhunderte zur Beherrschung Südostmitteleuropas praktizierten österreichischen Grenzkolonialismus haltlos. Der „Drang nach Osten“ bezieht sich auf Expansionspolitiken der österreichisch-ungarischen Monarchie sowie auf jene des Nazismus und beschreibt auch die seit dem Fall des Eisernen Vorhangs und der darauf folgenden Erweiterung der EU praktizierten neoliberalen An- und Enteignungen in den betreffenden Regionen. Was verbindet die Geschichten der Habsburgermonarchie, des Nazismus und des gegenwärtigen globalisierten neoliberalen Markts, wie wurden diese Geschichten geschrieben, wo ist ihr Vergleich möglich und wo ist er nicht zulässig? Wer sind die tatsächlichen Profiteur_innen der Transformation und der „Entwicklung“ und wer die Verlierer_innen? Welche Rolle spielen in diesen Prozessen Kunst, Kultur und Bildung?
Sprecherinnen:
Katja Kobolt ist freischaffende Kulturproduzentin und Publizistin. Sie lebt und arbeitet in Ljubljana und München. Involviert in verschiedenen Projekten, wie z.B. „City of Women, Association for Promotion of Women in Culture”, welches sie künstlerisch leitete. Sie untersucht politische Implikationen von feministischer (Kunst)Theorie und kulturellem Gedächtnis.
Hannes Hofbauer, geboren 1955 in Wien, hat Wirtschafts- und Sozialgeschichte an der Universität Wien studiert, arbeitet als Verleger und Publizist. Seit 1989 bereist er die Länder Osteuropas. Zum Thema ist von ihm im Promedia Verlag “EU-Osterweiterung. Historische Basis – ökonomische Triebkräfte – soziale Folgen“ (Wien 2007) erschienen. Lebt und arbeitet in Wien.
Lina Dokuzović ist Künstlerin und Doktorandin an der Akademie der bildenden Künste in Wien. In ihrer Arbeit analysiert sie Mechanismen der Aneignung, Privatisierung und Militarisierung von Bildung, Kultur, Körper und Territorien. Ausserdem ist sie wissenschaftliche Mitarbeiterin des „creating worlds” – Projekt des eipcp: europäisches institut für progressive kulturpolitik.
Ivan Jurica ist Künstler, einer der Schwerpunkte in seiner Arbeit ist die Geschichte der Beziehungen zwischen Ost- und Westeuropa und die Kunst- und Kulturproduktion welche die soziale und politische Lage dieser Länder reflektiert. Für die Ausstellung „Gender Check“ im MUMOK 2009 hat er eine Gesprächsreihe zum Thema konzipiert, darüber hinaus arbeitet er innerhalb des Projekts „Der Drang nach Osten – Parallelen zu Postkolonialismus und Kolonialität im zentraleuropäischen Raum“, welches in Bratislava und Wien stattfindet.