Zeit

Fr 14.11.2008 - Fr 12.12.2008

Ort

Kunsthalle Exnergasse

Ausstellungsansicht Foto: Susi Jirkuff, Detail
Kunst

THE STONE ROAD.

(On Track. Off Track. Memorising the Mid-World. Walking the Fifth-Space.)

Eröffnung: Freitag, 14.11.2008, 19:00

Künstler/innen:

Orla Barry (Irl), Wim Cuyvers (B), Els Dietvorst (B), Nikolaus Gansterer (AT), Johanna Kirsch (AT)

Production: Firefly (Brussels)

Partner: Vlaams Audiovisueel Fonds (Brussels), Kunsthalle Exnergasse (Vienna), Jan van Eyck Academie (Maastricht), argos (Brussels), kunstenfestivaldesarts (Brussels)

Supported by: Vlaamse Gemeenschapscommissie van het Brussels Hoofdstedelijk Gewest, Österreichisches Kulturforum Brüssel, Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur.

Firefly is supported by the Flemish Community.

Mai – Juni 2009 “The Stone Road” in Brüssel (argos + kunstenfestivaldesarts)

Seit 2006 arbeitet eine Gruppe von Künstler/innen und einem Architekten (Wim Cuyvers, Orla Barry, Els Dietvorst, Nikolaus Gansterer, Johanna Kirsch) an The Stone Road. Begonnen hat die Auseinandersetzung mit dem Ort als Forschungsprojekt entlang der belgischen Schnellstraße N6 (Chaussée de Mons) die vom Süden Brüssels aus nach Mons und Richtung Frankreich führt.

 Die N6 wird zum globalen Prototypen der Schnellstrasse selbst, die ihre städtischen Tentakel von einer Stadt zur nächsten in die Landschaft streckt und deren beschleunigte Geraden Binnenräume erzeugen: mit Leere gefüllte Transitzonen, Lücken und Un-Orte der Globalisierung.

Manchmal erinnert die Chaussée de Mons an einen außereuropäischen Ort und manchmal ist sie Niemandsland. Die verlassenen Kirchen, die aufgelassenen Geschäfte, die leeren Bierdosen, das Gefühl der Verwahrlosung, die Hässlichkeit, das enorme Verkehrsaufkommen, der Schifffahrtskanal und die dominanten Geschichte der Kohleminen und der Einwanderung bilden die Koordinaten dieses Landstriches.

 

 

‚The Stone Road’, ein ‚Firefly’- Projekt initiiert von Orla Barry, war darauf angelegt, eine Gruppe von KünstlerInnen über einen langen Zeitraum, ohne den unmittelbaren Druck zur Produktion, zusammen zu bringen. Das vorrangige Ziel dieses Projekts war, einen Arbeitsprozess zu entwickeln, der sich auf einen ganz speziellen Ort bezog und neu zu überdenken, wie wir sowohl als einzelne KünstlerInnen als auch als Gruppe in diesem vorher festgelegten Raum funktionieren. Wir entschieden uns, über die Bundesstrasse N6 zu arbeiten, die von Brüssel nach Mons, eine Stadt in Belgien, führt. Die N6 durchkreuzt die sprachlichen Grenzen von Brüssel, Flandern und Wallonien. Es ist eine stark befahrene Fernverkehrsstrasse, gesäumt von typischen Ermüdungserscheinungen der Menschheit: heruntergewirtschaftete Häuser und Kirchen, verlassene Geschäfte, Müllhaufen, starker Verkehr. Es ist ein trostloser Ort, ein Ort, an dem Raumplanung nicht existiert. Europa hat viele solcher Strassen, urbane Schneisen, die brutal die Landschaft durchkreuzen, Symbole des Versagens eines urbanen Netzwerks, das sich von den großen Städten zu seinen kleinen Geschwistern hin ausbreitet. Die N6 könnte jede Strasse sein. Eine Strasse war ein guter Platz, um anzufangen.

 

Das Projekt wurde als Location gesehen, wo man nach Lust und Laune Gewohnheiten austesten, Kräfte messen und improvisieren konnte. Es war der Ort, ein Gruppenprojekt im Zustand seines Werdens aufbauen zu können, um Hyperlinks in der künstlerischen Arbeit zu schaffen, und diese Verbindungen zu nützen, sich als Gruppe weiter zu entwickeln. Als Kollektiv zu arbeiten, ist ein Weg, an Kraft zu gewinnen, Ideen auszuwechseln, einen Pool für Recherchen und künstlerischen Output zu schaffen, und ein Weg, in der Kunstwelt autonom zu bleiben.

 

Effizienz hat in diesem Projekt keinen Platz. Es ist der Platz des Rohen, Chaotischen und Poetischen. Wir benutzten die Strasse als Arbeitsplatz und um Inspiration daraus zu ziehen. Uns immer weiter entlang der Strasse bewegend, bezeichneten sich manche von uns als ‚Urbane Impressionisten’. Andere wurden zu ‚Wandernden Schwämmen’. Andere marschierten in einer Reihe, ohne die Spur zu verlassen. Unsere ‚urbanen’ Geschichten sind universell und überschreiten die asphaltierte Hässlichkeit der N6: Sie beschreiben das Gehen sowohl als Handlung als auch als philosophischen Zustand, sie behandeln die Eigenart unserer Gesellschaft, die wachsende Aggression, die Einsamkeit, die Hoffnungslosigkeit und das stetige Verschlungenwerden der Landschaft durch das asphaltierte Netz.

 

Wir alle bereisten diese Route seit Juli 2006 mehrere Male, einzeln gehend oder Fahrrad fahrend entlang einer Strasse, die nicht für solche Vorhaben gebaut wurde. Jede/r von uns kam mit seinem /ihrem eigenen Rhythmus voran, mit seiner/ihrer eigenen Absicht, und mit seinem/ihrem eigenen Werkzeug. Jede/r war überwältigt vom Volumen und der Geschwindigkeit des Verkehrs und von der Traurigkeit unseres selbst auferlegten Bestrebens.

 

Durch die Wiederholungen und Überschneidungen in den Arbeiten wächst das Gedächtnis des Ortes und gewinnt neue Bedeutungen: Er wird von der Wirklichkeit in die Fiktion oder hyper-spezifische Beschreibung transformiert. Das Gehen wird wie das Aussieben eines bestimmten Ortes nach existentiellen Edelsteinen und disfunktionalen urbanen Nuggets. Diesen Aspekt wird der/die BetrachterIn in allen Werken wieder erkennen.

 

Wir verwendeten die Zeitung ‚Bienvenue’ als eine Art zwischenzeitliches Logbuch, um Ideen zu sammeln und zu zeigen, wie sich der Prozess entlang der Strasse entwickelte. Es wurde das ‚Parish journal’ des Projekts! Ein Stil der Amateurveröffentlichung, der in den verstreuten Dörfern entlang der N6 sehr bekannt ist. Dieses Format verwendeten wir auch, um das Projekt auch außerhalb des Ausstellungsformats existent werden zu lassen. Im April 2009 werden wir die zweite Auflage der Zeitung herausgeben, kurz bevor das Projekt in Brüssel gezeigt wird.

 

„Wir wissen, es sind mindestens vier andere Leute da draußen, die alle das gleiche machen, jeder für sich. Das gibt uns ein Gefühl von Solidarität. Wir wissen, es ist nicht wirkliches Gehen, im Sinne von wohin gehen, es ist nicht das Gehen von Brüssel nach Mons, oder umgekehrt. Es ist, von einer Sache zu einer anderen Sache in der Welt zu gehen. Gehen ‚nach’ und ‚von’ ist eine Form des Lernens. Was wir lernen, lassen wir so lange wie möglich undefiniert. Auf der Strasse handeln wir alle undefiniert. Wir gehen nur für uns selbst. Die Dinge ‚von’ und ‚zu’ denen wir gehen, veranlassen uns zu gehen. Unsere Augen entscheiden die Richtung. Unsere Augen bringen uns zum Gehen.” Auszug aus dem Auto-Text, geschrieben vom N6 Team.