RESIDUE
Eröffnung: Samstag, 25.11.2000, 17.00 Uhr
Gespräch: Sonntag, 26.11.2000, 18:30 Uhr - mit Barbara Clausen, Pip Day, Carola Dertnig, Rike Frank und den Künstlerinnen
„residue“ kuratiert von Pip Day
mit den Künstlerinnen Kristin Lucas, Katrina Daschner, Francis Alÿs, Anne Gardiner, Karen Kimmel
residue ist eine Serie von polymorphen und sich fortwährend erweiternden Ausstellungen, die sich über Zeit und Raum hinweg entwickeln. Sie nehmen die geographischen und konzeptionellen Kontexte und Parameter als Ausgangspunkt und Grundlage und involvieren gleichzeitig die TeilnehmerInnen. Dabei nehmen sie immer bezug auf den Rückstand (residue), den Bodensatz sozusagen, der sich auf diesem Weg ansammelt.
„ ein dicker trüber Bodensatz schien den Raum einzunehmen,
und aus allen Ecken und Winkeln zu sickern.“
Die für residue eingeladenen Performancekünstlerinnen schaffen eine Umgebung innerhalb des Ausstellungsraumes, die ein fortlaufendes und sich entwickelndes Experimentieren und Erforschen der Beziehungen ermöglicht, zwischen der Performance der Künstlerin, der produktiven Aktion und dem daraus resultierenden Objekt als Indikator vergangener oder zukünftiger Veranstaltungen.
residue setzt sich zum Ziel, Logik basierend auf Abwesenheit zu kreieren.
Ausschlaggebend für die konzeptuelle Entwicklung des Projektes ist der Kontext, in dem es stattfindet: in Wien ist die historische Beziehung zum Aktionismus sehr stark präsent, besonders seine aktuellen Entwicklungen aufgrund der momentanen politischen Situation Österreichs machen ihn für eine Ausstellung wie residue, in der die Umgebung praktisch involviert wird, interessant. Das Projekt bezieht die unterschiedlichsten Einflüsse dieser herrschenden Stimmung mit ein. In Performance und ihrer Dokumentation soll sichtbar gemacht werden, wie Situationen und Objekte fetischisiert und dadurch für den kommerziellen Markt nutzbar gemacht werden.
residue beginnt mit einer Reihe von Diskussionsveranstaltungen (unten angeführt), deren Inhalt die Form der Ausstellung bestimmen wird, und in der Folge die Ausstellungsräumlichkeiten für eine Periode von drei Wochen, ab Ende November 2000, einnehmen.
Die Gesprächsreihen geben nicht nur Künstlern und Künstlerinnen die Möglichkeit sich mit KritikerInnen und KuratorInnen auseinanderzusetzen, sondern steht auch dem Publikum offen. Diskutiert werden soll die Beziehung zwischen Performance und dem künstlerischen Objekt, zwischen der „flüchtigen“ performativen Kunstausübung und ihrer Dokumentation, bzw. daraus entstehenden Werken.
Kunst als Ware, Ware als Fetisch und als Komponente größerer Strukturen und Austausch-Systeme werden während dieser Woche der Diskussionen behandelt. Diese auch der Öffentlichkeit zugänglichen sessions stehen im Bemühen, eine Debatte um das Thema konkurrierender Standpunkte anzuregen. Ein problematisches Thema seit den 50iger und 60iger Jahren, als die Gegenstands-orientierte künstlerische Praxis zunehmend vom Konzeptionismus abgelöst wurde.
Während und nach diesen Gesprächsreihen wird am Aufbau der Ausstellung gearbeitet. Der Raum wird von den Künstlerinnen eingenommen, indem sie ein Umfeld für ihre Vorführungen gestalten, Dokumente installieren, die sich auf ihre künstlerische Arbeit beziehen und sich somit auf die verbleibenden Wochen der Interaktion mit dem Publikum vorbereiten.
Die Installationen, Objekte, Dokumente, Kunstwerke, Indikatoren und/oder leeren Räume
werden wachsen, schrumpfen und sich während der Dauer des Projektes verschieben. Damit soll den BesucherInnen die Möglichkeit geboten werden, den einerseits Einblick in den kreativen Prozeß zu nehmen, doch sollen sie auch dazu animiert werden, sich aktiv in den Prozess mit einbringen, um das subjektive Bild der ‚Ausstellung‘ zu gestalten.
„und irgendwo zwischen Stille und Getöse konnte er fühlen, wie
er sich dem Jetzt näherte, durch Vergangenheit und Zukunft.“
Die Kuratorin dokumentiert die Ergebnisse der Diskussionsveranstaltungen sowie den Prozeß der Projektentwicklung und wird diesen „Bodensatz“ in Form von Diaprojektionen, Videos und visuellen <o:p></o:p>und schriftlichen Unterlagen präsentieren.
Diskussionsveranstaltungen:
Die Diskussionen finden einerseits in Projektgruppen und andererseits im Publikumsforum
statt. Die einleitenden Fragen von residue sind:
- kann residue unsere Beziehung zum Dokument herstellen: Installationen oder die Objekte selbst, Videos, Fotos, oder die fortlaufenden Interaktionen?
- kann das Erleben der Installation, der Performance selbst, und die Dokumentation
des „aktiven“ im Gegensatz zum „passiven“ Zustand der Arbeit produktiv sein?
- gibt es schöpferische Produktion innerhalb der Kluft zwischen aktiv und passiv?
- kann die Beziehung zwischen Aktion und Objekt, zwischen Zeit und Raum die Vorstellung von einer Lücke dazwischen mit einbeziehen?
- können wir auf den Erwartungen von Performance, Spannung und Theatralität betreffend, im „Ausstellungs“prozess aufbauen?
- wie lässt sich Sehnsucht nach einem Ereignis erwecken, an dem man nie physisch beigewohnt hat?
- kann residue konventionelle gesellschaftliche Archetypen umformen, so daß sich „anormale“ Gedankenmuster aufnehmen?
- wie kann Bezug hergestellt werden zwischen der Künstlerin, dem Künstler und deren Aktionen, sowie dem Handeln des Publikums, und dem fetischierten Objekt?