"Es muss egal sein, ob ein Mädchen* oder Junge* Fußball spielt."

Viktoria Schnaderbeck, Legionärin beim FC Bayern München, wird das österreichische Frauen*team als Kapitänin in die anstehende EM führen. Im Interview spricht die 26-jährige Grazerin über die Erwartungen für das Turnier, aber auch die Unterschiede zwischen dem deutschen und österreichischen Frauen*fußball.

Die EM-Teilnahme ist ein großer Erfolg für das Team. Wie sehen nun die Erwartungen für das Turnier selbst aus?

Wir sind erstmals bei einer EM dabei und haben noch null Turniererfahrung. Daher sind wir ganz klar jenes Team, das die wenigsten Erfahrungswerte hat. Und sind sicher auch gewissermaßen Außenseiterinnen*. Wir haben die Erwartung an uns selber, dass wir dort topfit sind und uns von unserer besten Seite präsentieren. Und dann muss man schauen, wie wir mit der neuen Situation umgehen und wie wir es umsetzen können. Das wird uns im Vorhinein keiner sagen können. Es ist ein wichtiger Schritt, der uns wieder voranbringen wird. Egal, wie die EM am Ende laufen wird.

Wo sehen Sie die größten Stärken des Teams?

Unsere Stärke ist, über all die Jahre hinweg gesehen, sicher der Teamspirit. Und der Charakter jeder einzelnen Spielerin* und des Teams selbst. Jede Spielerin* ist bereit für das Team alles zu geben und die Marschroute, die der Trainer vorgibt, zu hundert Prozent durchzuziehen. Da ziehen alle an einem Strang. Und das ist auch sehr wichtig und sicher unsere größte Stärke. Wir hoffen auch, dass wir mittlerweile um ein paar Jahre und Erfahrungen reifer sind. Obwohl wir noch relativ jung sind.

(c) Niko Ostermann
(c) Niko Ostermann

Wie beurteilen Sie die Entwicklung, die der österreichische Frauen*fußball in den letzten Jahren genommen hat? Auch in Verbindung mit der Entwicklung des ÖFB-Teams.

Ich glaube schon, dass beim österreichischen Fußball - auch durch das Nationalteam - einiges weitergegangen ist. Und dass mit dem Nachwuchsleistungszentrum in St. Pölten auch für junge Spielerinnen tolle Möglichkeiten bestehen. Da hat sich einiges getan. Aber ich glaube einfach, dass sich in der Liga und bei deren Struktur nur sehr wenig getan hat. Dass es für jene Mädels, die aus dem Zentrum rauskommen, schon sehr schwierig ist, ein gewisses Niveau vorzufinden. Das Potential ist teilweise natürlich da und die Mädels werden auch geschult. Die Bedingungen haben sich auf jeden Fall ins Positive verändert. Die Liga selbst aber leider nicht.

Wie beurteilen Sie die Wirkung des Frauen*fußballs nach Außen, die Akzeptanz in der Bevölkerung und unter den Fans betreffend? Vielleicht auch im Vergleich zu Deutschland: Wie wird da der Frauen*fußball wahrgenommen und wie sieht das Ihrer Meinung nach in Österreich aus?

Ich kenne zwar keine genauen Zuschauerinnen*zahlen, kann aber sicher behaupten, dass in Deutschland der Frauen*fußball etablierter ist. Auch in der Gesellschaft. Da gibt es deutlich höhere ZuschauerInnen*zahlen. Gerade Vereine wie Potsdam oder Frankfurt, die immer viele ZuschauerInnen* haben. Wenn man in Österreich sagt, dass man Frauen*fußball spielt, kennen die meisten nur wenige Mannschaften. In Deutschland haben die meisten einen Bezug zum Frauen*fußball. Das ist schon ein großer Unterschied.

Welche Rolle spielt der finanzielle Aspekt? Es ist ja doch so, dass bei den Männern* extrem hohe Beträge im Spiel sind. Bei den Frauen* ist das sehr marginal. Beschäftigt man sich als Spielerin* mit so etwas?

Ich beschäftige mich damit nicht wirklich. Es ist, wie es ist. Es hat sich sicher schon einiges getan, trotzdem gibt es noch einen großen Unterschied zu den Männern*. Das ist Fakt. Ich glaube dennoch, dass sich das in den letzten Jahren verbessert hat und vielleicht auch in den nächsten Jahren - wenn der Frauen*fußball stetig voranschreitet und wächst - immer besser werden wird. Mittlerweile gibt es auch schon sehr viele Möglichkeiten in der Vermarktung. Ich glaube es ist auch ein Bereich, den man als Frau* wahrnehmen und nutzen kann und der vielleicht in den nächsten Jahren noch verstärkt kommen kann.

Die Schere zwischen Männern* und Frauen* beginnt ja oft schon im Nachwuchsbereich aufzugehen. Wie haben Sie das damals bei Ihrer Zeit in Graz wahrgenommen?

Ich war schon im LAZ als einziges Mädchen*. Und auch im Verein gab es nie ein Problem, die waren da immer sehr offen. Aber ich glaube gerade das ist der springende Punkt. Ich habe zwar eine gute Erfahrung gemacht, aber es darf eigentlich im Verein keinen Unterschied machen, ob ein Mädchen* oder ein Bursch* Fußball spielt. Man muss im Prinzip die gleichen Bedingungen und Möglichkeiten vorfinden. Es muss egal sein, ob man als Bursch* oder Mädchen* beginnt Fußball zu spielen.

Was würden Sie dann jungen Mädchen* raten, die überlegen, mit dem Fußball spielen zu beginnen? Worauf gilt es zu achten?

Letztendlich muss man Spaß an der Sache haben und ich finde es immer wichtig, dass man sich Ziele steckt. Natürlich soll der Spaß an erster Stelle stehen, wenn man beginnt Fußball zu spielen. Aber es ist motivierend, wenn man sich ständig verbessern kann und mit der Mannschaft Erfolge feiern kann. Das ist etwas sehr Spezielles, das man im Teamsport erlebt. Dafür gilt es zu kämpfen. Und dafür lohnt es sich auch zu trainieren.

Interview führte Stefan Berndl.
 

Das ungekürzte Interview nachzulesen auf www.90minuten.at
Mit freundlicher Genehmigung von www.90minuten.at

Diese Artikel könnten dich auch interessieren: