WIR BAUEN EUCH EINEN OFEN

WIR BAUEN EUCH EINEN OFEN

Steine, Lehm, Sand, Stroh und viele, viele Hände

Im „Naschgarten“ in Rothneusiedl entsteht in mehrwöchiger, harter Arbeit der Jugendlichen von WUK.work.space ein Lehmofen, wie er schon seit tausenden von Jahren gebaut wird.

Es war nicht das erste Mal, dass uns Max vom Naschgarten um Hilfe bittet.

Wir helfen gerne. In dieser Naturoase, die Marina, Carol Ann, Isabel und er in Rothneusiedl geschaffen haben, findet Umweltpädagogik vom Feinsten statt. Vom Samen bis zum Teller sind Menschen jeden Alters eingeladen, mitzugarteln, mitzuernten und mitzukochen.

Diesmal wünschten sich die vier von uns Unterstützung beim Bau eines Pizzaofens, der die Außenküche ergänzen soll. Carola, Trainerin im tech_lab, ist ausgebildete Hafnerin und war gleich Feuer und Flamme, holte aber noch Susanne und mich vom craft_lab mit an Bord, um das Projekt gemeinsam mit den Jugendlichen der beiden Werkstätten zu stemmen.

WENN SCHON DENN SCHON...

... oder WAS TUN WIR UNS DA AN?

Bei der Baustellenbesichtigung lehnten wir drei die angebotenen Europaletten sowie den Zement naserümpfend, ich gebe zu, auch übermütig, ab. Wir bestanden darauf, alles mit Naturmaterialien aus der unmittelbaren Umgebung zu bauen.

Max war kurz etwas nervös. Es gab für das Projekt nämlich eine Deadline und die erste Pizza sollte bereits am achten Oktober, pünktlich zum Herbstfest brutzeln. Er kennt uns eben. Wir bestanden drauf und einigten uns nur das besorgte Ofentürl von ihm einzusetzen. Auch das hätten wir gern abgelehnt und selber was gebaut, aber Max willhaben. OK.

ES GEHT LOS

Bei unserem ersten Besuch mit den Teilnehmer_innen durchforsteten wir die nähere Umgebung nach allem, was wir für unseren Ofen brauchen könnten.

Gleich ums Eck gibt es eine angefangene Lehmgrube, die für ein Kunstprojekt der Angewandten eröffnet wurde. Die nahmen wir gerne an und ernteten gleich die ersten Kübel voll Lehm. Es werden noch hunderte Kilos folgen. Keinen Kilometer entfernt fließt der Liesingbach. Sein Bett soll uns die Steine für den Sockel liefern. Einen Stein nahmen wir gleich mit. Es werden noch ca zwei Tonnen folgen. Wir fanden Kies, Sand und Bauschutt am benachbarten Zukunftshof. Noch fühlte sich alles an wie ein gemütlicher Wandertag.

Susanne, die gerne gut vorbereitet und mit Plan an die Sache rangeht, eröffnete am Standort eine kleine Forschungsstation. Wir beobachteten Lehm beim Sumpfen (sehr meditativ), beim Trocknen, Schwinden und beim Reißen. Wir stellten fest, dass unser Lehm gut tonhaltig und perfekt für unsere Zwecke geeignet ist. Wir machten Experimente mit unterschiedlichen Zusammensetzungen aus Lehm mit Sand, Lehm mit feinem Sand, mit Sägespänen, mit Stroh und fanden die perfekten Zusammensetzungen für die drei Schichten die unser Ofen bekommen soll. Jetzt hatten wir einen Plan und….

ES GEHT RICHTIG LOS...

...oder FÜR JEDE_N IST WAS DABEI

...oder auch nicht dabei, denn ab jetzt wurde es heiß, schmutzig und hart. „Was willst du heute gern machen? In die Lehmgrube kriechen zu allem möglichen Krabbelgetier und Kübel, um Kübel, Schubkarre um Schubkarre, Lehm abbauen? Hier sind Schaufel und Hacke. Oder hast du mehr Lust in den kalten Bach zu steigen, um schwere Steine per Hand aus dem Schlamm zu graben? Würde es dir mehr gefallen, sie zur Baustelle zu transportieren? Sind nur ein paar hundert Meter. Und wenn das nichts für dich ist, dann greif bitte in den Gatsch und knete die nächste Ladung Baulehm.“

Ja, die Jobs waren nicht leicht und wer keine körperlich harte Arbeit mag oder machen konnte, kämpfte mit anderen Widerständen. „Das ist kein Dreck, das ist Erde. Es heißt nicht Blut-Eckel, sondern Blutegel was da am Stein klebt. Wer hat hier Zwangskontext gesagt?“

Es war gut, dass wir zwei Werkstätten und drei Trainer_innen waren. So konnten wir uns aufteilen und manchmal blieb auch eine_r von uns Trainer_innen mit einem Teil der Jugendlichen, die an dem Tag überhaupt nicht konnten, am Standort.

EINEN TAG VOR DEM HERBSTFEST...

...BRANNTE DAS ERSTE FEUER IN UNSEREM OFEN

Wir können auf wunderbare Erlebnisse im Naschgarten zurückblicken. Mit jedem Tag wuchs unser Ofen Stück für Stück. Es gab Rückschläge und Frustrationen, aber auch Momente des Triumphs und der Freude. Wir haben gemeinsam geschwitzt, geflucht, gelacht und manchmal sogar gesungen. Wir lernten, dass es in Ordnung ist, Fehler zu machen und dass man aus ihnen lernen kann. Wir lernten nicht nur wie mensch einen Lehmofen baut, sondern auch, dass harte Arbeit sich auszahlt und dass wir gemeinsam in der Lage sind, große Herausforderungen zu meistern.

UNGEDANKTE ÖFEN EXPLODIEREN...

...sagt die Hafnerzunft. Da machen wir uns aber keine Sorgen.

Das Naschgarten-Team ist überglücklich mit dem neuen Lehmofen und hat uns eingeladen, dass auch wir unseren Ofen gemeinsam mit allen, die mitgebaut haben, feiern. Das wird ein Fest.

TECHNISCHE DATEN

Fundament: 150 x 130 x 40 cm Rollschotter
Sockel: Natursteinmauern auf 80 cm Höhe gefüllt mit Bauschutt
Isolierschicht: 15 cm Lehm/Sägespänegemisch mit leeren Glasflaschen
Ausgleichsschicht: 3 cm Baulehm (1 Teil Lehm 3 Teile Sand)
Bäckerplatten schwimmend auf Sand verlegt
Brennraum: 80 x 60 x 40 cm Gewölbe aus Baulehm
Luftschicht 2 cm Hohlraum
Erste Isolierschicht: Gewölbe aus 10 cm Lehm mit Sägespänen
Zweite Isolierschicht: 2 cm Lehm mit Stroh

 

Text: Guntram Münster, Trainer bei WUK work.space
Fotos: WUK work.space

Dieses Vorhaben wird aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds als Teil der Reaktion der Union auf die COVID-19-Pandemie finanziert.

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