Sind wir noch zusammen?

© Helene Thümmel

Sind wir noch zusammen?

Das Theater im Bahnhof auf Spurensuche in Europa

Das Theater im Bahnhof widmet sich in seiner Europa-Trilogie einer zentralen Frage: Sind wir noch zusammen in Europa? Inspiriert durch Blind Dates, die die Ensemblemitglieder quer durch Europa führten, entstand ein Panorama aus persönlichen und politischen Perspektiven. Mit Humor, Tiefgang und Aktualität wagt das Ensemble einen Blick auf Gemeinsamkeiten, Unterschiede und die Brücken zwischen Vergangenheit und Gegenwart.

In drei aufeinanderfolgenden Theaterabenden – Blind Date Ost, Blind Date Mitte und Blind Date West – erzählen sie von Begegnungen, die den Zustand Europas hinterfragen und zugleich Hoffnung auf Zusammenhalt geben. Die Trilogie wird vom 19. bis 21. Februar 2025 bei WUK performing arts gezeigt. Wir haben vorab mit dem Ensemble gesprochen:

«Wenn’s finster wird, ist es Zeit für beständige Träume.»

Die EU war ein ursprünglich schöner Traum von Gleichheit und offenen Grenzen, aus dem wir heute mit Ernüchterung aufwachen – so beschreibt ihr den Ausgangspunkt von BLIND DATE EUROPA. Wann war dieser Traum für euch schön und wann hat Europa für euch seinen Glanz verloren?

Theater im Bahnhof (TiB): Schön war er in den Neunzigern, als wir dank der europäischen Idee Festivals und Kooperationen erleben konnten. Schon damals wurde gejammert, doch auf hohem Niveau. Die Rhetorik, die den europäischen Gedanken unterminiert, hat sich seitdem nicht geändert, sondern nur zugespitzt.

Noch immer ist das WIR das Gute und das Böse kommt von außen. Alte Muster werden getriggert: „Aus Rumänien kommen Diebe, die Polen wollen unsere Autos, und die Ukrainer unseren Wohlstand.“ Solche Bilder werden genutzt, um miese Stimmung zu machen. Gleichzeitig gibt es eine sich internationalisierende Rechte, die diese Muster verstärkt.

Daher ist es wichtig, dass man sich auf den Traum eines solidarischen Miteinanders besinnt. Gerade jetzt ist dieser Traum schön und wichtig. Wenn’s finster wird, ist es Zeit für beständige Träume.

Eine zentrale Frage, die alle drei Teile der Trilogie gemeinsam haben, lautet: Sind wir noch zusammen in Europa? Warum rückt diese Frage für euch als Ensemble gerade jetzt in den Mittelpunkt?

TiB: Aufgrund des allmählichen Rechtsrucks und den damit einhergehenden Zweifeln an der Stärke der Demokratie. Die größte demokratische Einheit, in der wir uns befinden, ist die EU. Dahinter steht eine Idee von Europa, die uns allen wertvoll sein sollte.

Nicht zuletzt spielen populistische Parteien damit, das Gemeinsame zu desavouieren, um politisches Kleingeld in den eigenen Ländern zu machen. Es ist sehr leicht, das zu tun, weil es eben nicht leicht ist, ein Ganzes für alle spürbar zu machen. Trotz Kohäsionsfonds und vieler Programme – nicht zuletzt in der Kunst. Wir waren getrieben von der Frage, ob diese Widersprüche auch in der persönlichen Erfahrung greifbar sind oder ob alles „smooth“ abläuft. Letztlich ist ein Blind Date auch etwas Aufregendes, und viele Begegnungen wirken auch jenseits der Produktionen nach.

«Wir sollten zusammen sein wollen!»

Während der Vorbereitung von Blind Date Europa standen die EU-Wahlen 2024 noch bevor. Mittlerweile sind die Ergebnisse bekannt. Haben diese eure Sichtweise auf die Trilogie verändert? Hat das Stück durch die Ereignisse des vergangenen Jahres für euch an Relevanz gewonnen? Falls ja, inwiefern?

TiB: Sie hat an Dringlichkeit gewonnen. Bei der Wiederaufnahme für das WUK werden wir daher auch „Updates“ durchführen. Manche Teile, wie zum Beispiel OST, fokussieren mit den Nachwirkungen der Verwüstungen im Zweiten Weltkrieg und dem Menschheitsverbrechen Auschwitz eine europäische Wurzel, die konstant ist. Ohne den Holocaust ist dieses heutige Europa gar nicht denkbar, er ist ein Grundpfeiler der europäischen Identität. Den Zweiten Weltkrieg als „große Wunde“ fanden wir überall, wo unsere Blind Dates uns hinführten – wenn auch aus unterschiedlichen Perspektiven.

In den alltäglichen Begegnungen auf unseren Reisen finden sich auch Äußerungen zu Populismus, Ängsten und Hoffnungen. Im Westen spürten wir ein anderes Selbstvertrauen mit Europa als in der öffentlichen Kommunikation in Österreich. In Luxemburg, Belgien und Frankreich entdeckten wir bedeutend weniger Zweifel an der EU als vermutet. Das hat in der aktuellen innenpolitischen Gemengelage, angesichts einer möglichen FPÖ-ÖVP-Koalition, besonderen Wert.

Was war die humorvollste und im Gegensatz dazu die bewegendste oder traurigste Begegnung, die ihr auf eurer Reise und den Blind Dates hattet?

TiB: Oh my God, da gibt es sehr viele verschiedene. Vom radikalen polnischen Portier, über den tragischen ostdeutschen Punkkönig bis zur sich zurückgelassen fühlenden Frau aus der Unterschicht in den belgischen Ardennen. Dafür muss man ins Theater kommen, dann lernt man einiges von ihnen kennen.

Vielen Dank für den Einblick in eure Recherche und eure Erfahrungen in Vorbereitung auf die Trilogie. Eine Sache habe ich mich noch gefragt: Waren wir denn jemals zusammen?

TiB: Das scheint uns die falsche Frage. Wir sollten zusammen sein wollen.

Theater im Bahnhof: Blind Date Europa - Trilogie

Details & Tickets

Für BLIND DATE EUROPA haben Theater im Bahnhof die Grazer Öffi-Linien auf die Europa-Karte projiziert, um Reiseziele festzulegen. Die Trilogie zeichnet ein vielschichtiges Panorama Europas, das die zentrale Frage aufwirft: Können wir noch miteinander?
19.2. Teil 1: BLIND DATE OST
20.2. Teil 2: BLIND DATE MITTE
21.2. Teil 3: BLIND DATE WEST

Mi 19. / Do 20. / Fr 21. Feb | 19:30 Uhr, Saal

Für die Trilogie BLIND DATE EUROPA stehen neben den Einzeltickets auch Kombitickets zur Verfügung. Jede Handlung steht für sich, jedoch empfehlen wir die gesamte Trilogie.

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