Corona, Corona, Corona, i mog nimma…

junge Frau vor Laptop

Corona, Corona, Corona, i mog nimma…

Bestandsaufnahme von jungen Erwachsenen und dem Jugendcoaching über ein ungewöhnliches Jahr

Die Zielgruppe von WUK CoachingPlus bringt oft multiple und komplexe Problemlagen mit sich. Aus verschiedenen Perspektiven schildern die Mitarbeiter_innen und die jugendlichen Klient_innen von WUK CoachingPlus, was der Wegfall der persönlichen Beratung für sie bedeutete.

Jugendcoach Anna Heinzle

Das Projekt WUK CoachingPlus bietet Jugendlichen und jungen Erwachsenen zwischen 14 und 24 mit psychischen Beeinträchtigungen oder Autismus-Spektrums-Störungen sowie Schüler_innen von Perspektivklassen Jugendcoaching an. Im Fokus des Jugendcoachings ist die Erstellung eines Plans über nächste berufliche oder schulische Schritte unter Berücksichtigung eines Stärken-, Schwächen-, und Interessenprofils der Klient_innen.

Die Zielgruppe von WUK CoachingPlus bringt oft multiple und komplexe Problemlagen mit sich, die sich seit Beginn der Corona Pandemie letztes Jahr zumeist noch verstärkt haben. Beispielsweise berichten Jugendliche mit Sozialphobie von einer Verstärkung ihrer Symptome durch das Wegfallen von sozialen Situationen in denen sie ihren Ängsten begegnen und diese abbauen könnten. So wird es für diese Klient_innen umso schwieriger wieder Termine im Jugendcoaching wahrnehmen zu können, da beispielsweise die U-Bahn Fahrt ein unüberwindbares Hindernis wird. Eine Verschlechterung der bestehenden psychischen Problematik und auch vermehrte Anfragen sind im Jugendcoaching seit dem Beginn der Pandemie sichtbar.

Eine zusätzliche Problematik stellt auch die Vermittlung in die nächsten Schritte dar. Durch die Lockdowns und den Stillstand am Arbeitsmarkt sowie bei Projekten befinden sich unsere Klient_innen oft in einer Warteposition und einer sehr ungewissen Situation. Aufgrund dieser Situation konnten auch Betreuungsabschlüsse im Coaching teilweise nicht oder verspätet stattfinden.

Trotz der Pandemie konnten aber auch immer wieder Erfolge im Jugendcoaching stattfinden und das Jugendcoaching selbst durch vermehrte virtuelle Beratung, weiter in Anspruch genommen werden.

Sozialarbeiterin Claudia Wanke

Seit dem Ausbruch der COVID-19 Pandemie steht Sozialarbeit bei WUK CoachingPlus vor vielen Herausforderungen. Persönliche Beratung vor Ort kann aufgrund von COVID-19 Vorsichtsmaßnahmen zum Teil nur in Ausnahmefällen stattfinden. Der Großteil der Beratungen findet per Telefon oder online statt. Viele Jugendliche und junge Erwachsene verfügen nicht über die notwendige technische Ausstattung, was die Beratung erheblich erschwert. Ein Internetzugang wird jedoch von vielen externen Einrichtungen vorausgesetzt. Dank Initiativen wie zum Beispiel von NGOs wie SOCIUS werden Jugendlichen mit einem geringen Haushaltseinkommen Laptops zur Verfügung gestellt.

Seit dem ersten Lockdown im März 2020 finden vermehrt Beratungen zum Thema Wohnen statt, da viele junge Erwachsene mit Konflikten im Elternhaus konfrontiert sind und im Zuge dessen selbstständig wohnen wollen. Die Konflikte häuften sich aufgrund der verhängten Ausgangsbeschränkungen. Die Anfragen für teilbetreutes Wohnen nehmen zu, es gibt längere Wartezeiten, um einen Platz zu bekommen. Begleitungen zu Institutionen konnten im vergangenen Jahr nur eingeschränkt stattfinden und sind nun mit Corona-Tests verbunden.

Doch es gibt auch positive Entwicklungen. Einige bürokratische Hürden können dank der Möglichkeit, online Anträge zu stellen, schneller und einfacher überwunden werden. Ebenso wird der Zugang zu freien Gemeindewohnungen rascher als bisher zur Verfügung gestellt. 

Bleibt zu hoffen, dass unsere Klient_innen und wir bald wieder die Möglichkeit haben, wie bisher persönlich und ohne Gesichtsverdeckung vor Ort zu beraten!

Klient_in Alex

Wie hast du die Pandemie erlebt, wie erlebst du sie jetzt?

Ich war für eine sehr lange Zeit in einem Motivationsloch, ich konnte mich selbst zu nichts mehr aufraffen. Das Aufgeben war für mich aber nie eine Lösung, denn sonst hätte sich mein ganzer Kampf, der die letzten Jahre stattgefunden hat, nicht gelohnt.

Der Spruch „Nichts ist selbstverständlich“ hat für mich noch mehr an Bedeutung gewonnen.

Ich konnte mich aus dem Motivationsloch herauskämpfen und kann seit paar Monaten das erste Mal seit Jahren wirklich sagen: „Life is good“.

Was hilft dir in dieser Zeit und wo sind Schwierigkeiten?

  • Meine Psychotherapeutin, das Jugendcoaching, Freunde, Selbstfokus und Selbstliebe
  • täglicher Psychoterror zuhause, Abschlussprüfung bei meiner Ausbildung

Wie erlebst du das Coaching und was wünscht du dir von CoachingPlus?

Ich erlebe das Coaching als sehr hilfreich. Durch das Coaching konnte ich wieder neue Menschen kennenlernen, die nur das Beste für mich wollen und sich mit mir freuen, wenn es zu einem Fortschritt kommt, egal wie klein dieser ist. Das Coaching und die Beratung sind sehr professionell und wirklich hilfreich. Ich habe mir 2020 das Ziel gesetzt bis spätestens 2023 von zuhause auszuziehen, ich hätte nie gedacht, dass das so schnell gehen wird und ich einfach schon im Juni ausziehen werde.

Ich wünsche mir eigentlich nur vom Jugendcoaching, dass Sie so vielen Jugendlichen bzw. jungen Erwachsenen wie möglich in ein besseres Leben verhelfen.

Worauf freust du dich in der Zeit „danach“?

  • Dass ich mein Leben endlich in die eigenen Hände nehmen kann
  • Dass sich meine Psyche um einiges verbessern wird
  • Dass ich Freunde in meine Wohnung einladen kann
  • Dass ich ein neues Buch in meinem Leben verfassen kann und selbst entscheiden kann wie mein Leben wird

Ich möchte mich beim gesamten Team des WUK CoachingPlus vom ganzen Herzen für Ihre Hilfe bedanken. Ich wünsche allen Jugendlichen bzw. jungen Erwachsenen, dass Sie sich bestmöglich entwickeln und bald wieder auf eigenen Beinen stehen können.

Klient_in Lukas

Die Pandemie habe ich anfangs als nicht greifbar empfunden. Es war sehr mit Angst, Stress und Ahnungslosigkeit verbunden. Ein großes Fragezeichen. Alle mussten plötzlich zuhause bleiben und ich hatte große Angst nicht rausgehen zu dürfen. Trotz allem habe ich es mir nicht nehmen lassen und ging fast jeden Tag spazieren. Es war schwierig auf einmal alles allein zu machen, ohne Freunde. Aber es war auch schön und aufregend durch die leere Stadt zu gehen, leere Öffis, ohne Menschen, ohne dem Lärm und ohne Stress. Es war wie eine Geisterstadt, das hat mir sehr gefallen einmal alles anders zu sehen und die Zeit mal stehen bleibt.

Jetzt erlebe ich die Pandemie anders. Nach einer Zeit hat es dazu geführt, dass es mir sehr schwer fällt nach draußen zu gehen. Es ist alles anstrengender geworden zb. mehrere Dinge an einem Tag zu überwältigen. Schnell habe ich keine Energien mehr. Das Gefühl sich einsam zu fühlen, Ängste, Depressionen und Schlafstörungen sind ebenso wieder mehr geworden, aber daran arbeite ich wieder. In dieser Zeit hilft mir sich auf kleine Dinge zu freuen. Mehr Wertschätzung. Sich mit Freunden wieder treffen zu können. Mit Positiven Dinge beschäftigen und an meine Ziele heranarbeiten. Es fühlt sich an wie ein Neustart, neue Türen öffnen sich, um vieles zu ändern und neue Dinge anzugehen. Schwierigkeiten gibt es dennoch zb. mit meinem Psychischen Zustand oder zuhause, weil es zu viel wird und ich nicht mehr allein bin da die Eltern in Homeoffice sind. Aber trotzdem versuche ich, das Beste daraus zu machen.

Das Jugendcoaching und die Beratungen funktionieren sehr gut. Ich fühle mich gut aufgehoben, es hilft mir weiterzukommen und Schritte zu setzten. Ungewohnt waren die telefonischen Termine und die ersten Male wieder vor Ort zu sein mit Masken und Abstand. Trotzdem haben wir gut arbeiten können. Ich bin sehr zufrieden mit dem Coaching und den Angeboten und wünsche mir, dass es so weiter geht. Ich freue mich auf die Zeit „danach“, wenn sich die Lage verbessert hat und hoffentlich die Impfungen helfen um wieder freier Leben zu können. Ich freue mich am meisten, wenn wir wieder normal unter Menschen sein können ohne Masken tragen und Abstand halten. Ich finde es wichtig, weil Sozialkontakte gut tun oder neue Leute kennenlernen ohne vorsichtig zu sein.

Klient_in Maria

Anfangs war es eine große Umstellung – die neuen Regelungen, niemanden treffen zu dürfen bzw. sehr selten jemanden zu sehen. Ich bin kurz vom Anfang der Pandemie erst in eine Studenten WG mit 2 Mitbewohner_innen umgezogen, wo jedoch eine dann zu ihrer Freundin „gezogen“ ist für den ersten Lockdown. Mit dem anderen Mitbewohner bin ich dann manchmal raus gegangen zum Spazieren und Fotografieren. Die meiste Zeit habe ich jedoch tatsächlich viel drinnen und allein verbracht.

Mittlerweile ist es schon unsere „Normalität“ – ich habe meine Bezugspersonen, die ich ca. einmal in der Woche treffe, ich habe einen Job als Service Center Mitarbeiterin. Der Job und die Treffen mit meinen Freunden helfen mir auch ziemlich, weil ich einfach unter Leute und raus aus meinen eigenen vier Wänden komme. Ich nehme mir trotz allem Zeit für mich selbst, wo ich für mich koche, mein Zimmer putze, baden gehe in meiner Badewanne, Serien bzw. Filme schaue oder auch manchmal rein gar nichts. Früher hätte mich der Gedanke, rein nichts zu tun, nervös gemacht. Aber ich höre auf mich und meinen Körper und dessen Bedürfnisse – und wenn mir der sagt, er braucht Zeit, wo er nichts tut und entspannt, dann tu ich das auch – rein nichts.

Ich habe auch Tage, wo es mir einfach nicht gut geht – meistens, wenn ich zu viel allein und zuhause bin – und da habe ich dann auch Schwierigkeiten mit den alltäglichen Dingen, wie eben kochen, putzen etc. Da hol ich mir dann öfters via Whatsapp Hilfe von meinen Freundinnen und sie motivieren mich, wieder aufzuräumen etc. Manchmal schaffe ich es auch selbst, mich aus meinen Tiefs rauszuholen. Eine weitere Sache, wo ich Schwierigkeiten habe, ist die Schule. Eigentlich bin ich in der AHS für Berufstätige angemeldet. Seit dem Lockdown und dem Distance Learning im Herbst habe ich jedoch diese pausiert. Ich habe beschlossen, zu warten, bis es wieder halbwegs Normalität an der Schule gibt und erst dann zurückzukehren.

Ich bin seit September nicht mehr im Coaching und habe keine Beratungen mehr, habe jedoch ab und an Kontakt mit meiner Jugendcoachin und Sozialarbeiterin. Ich bin sehr dankbar und froh, dass mir die beiden bei vielen Dingen geholfen haben, wie zum Beispiel den Platz an der Schule zu bekommen, Behördenbesuche und Lerntipps. Ich habe einiges gelernt und habe die Zeit am WUK sehr genossen.

Wir bedanken uns sehr bei unseren jungen Erwachsenen (die Namen wurden anonymisiert) für ihre tollen und ehrlichen Artikel!

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