Räumliche Schnittstellen
Ab 21. Oktober wird der Künstler Karl-Heinz Klopf unter dem Titel Komplex mit Arbeiten von über 40 Jahren künstlerischen Schaffens die 29. Werkschau der FOTOGALERIE WIEN bestreiten – eine multimediale Auseinandersetzung mit physischen, virtuellen, mentalen und Informations-Räumen. Dazu gehört auch das Langzeitprojekt Streets (1996–2024). Diese Fotoserie zeigt Blicke aus Fenstern ohne definierten Innenraum; auf das Glas wurden mit schwarzer Klebefolie abstrahierte GR-Pläne der urbanen Umgebung fixiert.
Ein Interview von Petra Noll-Hammerstiel
Gemäß des Titels Streets und der aufgeklebten Pläne geht es dir ja mehr um Außen- als um Innenraum. Und doch ist der Ausblick begrenzt, ebenso wie in der Serie Chrystie Street, in der die Ausblicke durch Vorhänge verunklärt werden. Mit welchem Anliegen bzw. Raumverständnis sind die beiden Serien entstanden?
Karl-Heinz Klopf: Das Fenster ist die Schnittstelle, an der zwei unterschiedliche Sphären zusammentreffen: derprivate Innenraum und der meist öffentliche Außenraum. Einige Fotografien aus Chrystie Street zeigen diesen Ortin dieser ambivalenten Situation. Das Projekt Streets habe ich aus meiner Faszination für die räumliche Orientierung in Tokio für die damit verbundene Navigation mit abstrahierten Raumdarstellungen entwickelt. Die Fotografien entstehen meistens an Orten, an denen ich vorübergehend wohne und die ich mit dem jeweiligen Arbeitsprozess räumlich verinnerliche. Die Ausblicke aus den Fenstern mit den Plänen der unmittelbaren Umgebung bilden einen visuellen Kosmos aus Fragmenten von gebauten Räumen im Spannungsfeld von individueller Aneignung und dem universellen Vokabular „Plan“.
In der Werkschau werden unterschiedlichste Arbeiten zum Thema „Raum“ gezeigt. Was ist genau dein Konzept, und wie sieht die räumliche Anordnung aus, die du ja in thematische Zonen gegliedert hast?
Karl-Heinz Klopf: Da es sich ja um eine Werkschau handelt, habe ich einen Bogen von frühen Arbeiten bis in die Gegenwart geschlagen. In dem langen Zeitraum tauchten immer neue räumliche Schnittstellen und Sphären auf, die mich interessierten. Die Arbeit an der Ausstellungsinstallation mit den unterschiedlichen Werkgruppen bedeutet auch die Auseinandersetzung mit der Architektur der Ausstellungsräume. Die Serien von Fotografien und Videos in den beiden Räumen zu organisieren, ist für mich wie eine architektonische Praxis. Die bauliche Hülle und der Inhalt bilden einen räumlichen Komplex mit enger Wechselbeziehung.
Im Kino läuft das 86-minütige Video Environments, das von einer KI hochgerechnet wurde. Worum geht es hier?
Karl-Heinz Klopf: Das Hochrechnen vom Aufnahmeformat VHS auf HD wird heute mit KI unterstützten Programmen vollzogen und wurde für eine bessere HD-Projektion durchgeführt. Mit Environments (1998) habe ich die Anfänge des öffentlichen Internets und des World Wide Webs mit den damit einhergehenden neuen Erfahrungen dokumentiert. Mich hat diese Erweiterung der physischen Räume durch die digitalen Datennetze seit Beginn der 1990er-Jahre sehr interessiert. Dazu habe ich Gespräche mit Nutzer*innen in Asien, Europa und den USA zu ihrem Alltag im Netz geführt. Diesen Erfahrungsberichten sind Bilder ihrer jeweiligen, meist urbanen Umgebung gegenübergestellt.
Es gibt, wie immer bei einer Werkschau, eine Edition. Das von dir gewählte, abstrakte Motiv mit dem Titel Hier ist anderswo ist, wie auch deine Computeranimation Studio (mit Sigrid Kurz), eine Beschäftigung mit deinem Atelier. Was reizt dich an dem Thema „Atelier“?
Karl-Heinz Klopf: Das Atelier ist der wichtigste Ort in meinem Alltag. In diesen Räumen läuft alles aus der Ferne oder aus der Imagination kommend zusammen und wird in meiner Arbeit transformiert.
Vielen Dank! Noch ein Ausblick: In welche Richtung wird es künstlerisch bei dir weitergehen?
Karl-Heinz Klopf: Mich interessiert der global stattfindende räumliche, architektonische und gesellschaftliche Umbau, an dessen Darstellbarkeit ich weiterhin arbeite.
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