Jugend ohne Job
Wenn junge Menschen längere Zeit keinen Job haben, hat das langfristige Folgen: Sie sind auch später öfter von Arbeitslosigkeit betroffen, verdienen ihr Leben lang weniger und ihre Gesundheit leidet. In der Corona-Krise steigt die Jugendarbeitslosigkeit rapide. Expert_innen fordern die Politik nun auf, dringend zu handeln: Sonst droht eine verlorene Generation.
62 Bewerbungen hat er geschrieben – und noch immer keine Jobzusage. Mark (Name geändert) hat bereits Hoffnungen aufgegeben. Mit 17 wurde er vom Gymnasium geschmissen, da er oft ausgerastet ist. Es interessierte dort niemanden, dass er massive Probleme zu Hause hat.
Mark ist einer von rund 44.000 Jugendlichen, die am Arbeitsmarkt als schwer vermittelbar gelten. Zumindest waren es vor der Pandemie so viele. Expert_innen wie der Soziologe Johann Bacher von der Universität Linz und der Wirtschaftswissenschafter Dennis Tamesberger von der Arbeiterkammer OÖ schätzen, dass es durch die Corona-Krise mindestens 7.000 mehr werden. Dabei schauen die Zeiten für Berufseinsteiger_innen generell nicht rosig aus: Laut einer Market-Umfrage wird es heuer rund 10.000 Lehrstellen weniger geben als im Vorjahr. Durch die Schließungen von Hotels und Gastronomie im Frühjahr wurden außerdem viele bestehende Lehrverhältnisse aufgelöst.
Durch die Corona-Krise steigt die Jugendarbeitslosigkeit rapide an. In den vergangenen Monaten waren mitunter 75.000 der 15- bis 24-Jährigen in Österreich beschäftigungslos. Da liegt es auf der Hand, dass mehr Jugendliche und junge Menschen auf dem Weg in die Berufstätigkeit umfassend begleitet werden müssen. Die Kahlschläge in den Jugendarbeitsprojekten werden sich jetzt in dieser Krisenzeit rächen, befürchtet Johann Bacher: „Da geht es nicht nur um einzelne Schicksale, sondern hier wurden Strukturen zerstört, hier ging Wissen verloren – was wir nun alles dringend brauchen würden.“
Der Bund und die Stadt Wien haben bereits reagiert und erweitern das Angebot in den überbetrieblichen Lehrwerkstätten und setzen anderen Maßnahmen. Doch es muss mehr passieren. Gerade unter den 20- bis 24-Jährigen steigt die Arbeitslosigkeit rapide an. Für diese jungen Erwachsenen müssen auch mehr Jobs geschaffen werden. Das kann einerseits durch Konjunkturpakete gelingen, erklärt Tamesberger: „Wir wissen, dass vor allem männliche, arbeitslose Jugendliche stark von einer generellen Belebung der Wirtschaft profitieren.“ Der Wirtschaftswissenschaftler kritisiert, dass Österreich im Gegensatz zu Deutschland noch zu wenig für die allgemeine Wirtschaftsbelebung tut.
Außerdem plädiert der Experte dafür, öffentliche Jobs in Städten oder Gemeinden zu schaffen, die mit Steuergeld bezuschusst werden. Hier liegen viele Stellen brach, die für Langzeitarbeitslose generell eine gute Möglichkeit zum (Wieder-)einstieg in die Arbeitswelt darstellen würden.
Soziologe Johann Bacher meint jedoch auch, dass langfristig kein Weg mehr an einer generellen Arbeitszeitverkürzung vorbeiführen wird: „Arbeit muss gleicher verteilt werden, sonst werden soziale Konflikte auftreten. Ein Grundeinkommen kann nicht die soziale Integration erfüllen, wie es eine Erwerbsarbeit tut.“
Tina Goebel ist Redakteurin bei Moment.at. Das „Magazin der Vielen“ ist parteiunabhängig und wird durch Spenden finanziert.