Eine persönliche Geschichte
2232 Jugendliche haben im vergangenen Jahr am Angebot von WUK Jugendcoaching West teilgenommen. Der größte Teil der Jugendlichen konnte für einen weiterführenden Schulplatz empfohlen werden, dicht gefolgt von Empfehlungen für eine reguläre Lehre. An dritter Stelle stehen weiterführende Projekte aus der NEBA-Landschaft.
Es sind aber nicht nur die offensichtlichen ausbildungsmässigen Fortschritte, auf die wir im vergangenen Jahr gerne zurückblicken. Eine persönliche Geschichte einer Mitarbeiterin hat uns besonders beeindruckt, daher möchten wir diese hier gerne mit euch teilen:
„Im Pride-Month 2023 habe ich mich dazu entschieden in meiner Mittelschule als Ally (Verbündete) sichtbar zu werden. Seitdem trage ich ein Regenbogen-Armband.
Ein_e Jugendliche_r – ich nenne die Person hier M. - kam zu dieser Zeit das erste Mal ins Jugendcoaching mit dem Wunsch eine Lehrstelle im IT-Bereich zu finden. Mein Armband hat M. recht schnell mit den Worten: „Sie haben aber ein schönes Armband“ kommentiert. Ich antwortete „Ja, das finde ich auch!“ und habe einen ernsthaften, ruhigen und langen Augenkontakt gesucht. Es kam prompt die Frage, ob ich queer oder lesbisch bin und ich habe mich als queer geoutet. M. hat sich bei diesem Termin mir gegenüber wiederum als nicht-binär geoutet. Auf Nachfrage von mir, ob die Familie dem offen begegnet erzählte mir M., dass die Familie leider sehr queer-/transfeindlich ist und daher ein Outing derzeit ohne eigenes Einkommen nicht vorstellbar. Weiters stellte sich heraus, dass M. bisher keine anderen queeren Menschen in Wien kennt und auch nicht weiß, wo diese zu finden sind. Gemeinsam haben wir queere Jugendgruppen und sonstige Angebote recherchiert und bereits innerhalb einer Woche konnte M. in einer Gruppe andocken. Seither fühlt sich M. viel besser.
Nach dieser persönlichen und sozialen Stabilisierung war es endlich möglich, sich im Jugendcoaching mit neuen Kräften auf die Lernwerkstatt und die Suche nach einer passenden Ausbildung zu konzentrieren. Mit einem eigenen Einkommen gibt es für M. einen weitaus größeren Handlungsspielraum sich unabhängig von der Familie ein eigenes Leben aufzubauen.“
Dieses Beispiel zeigt sehr anschaulich, welche Ressource das Jugendcoaching für Jugendliche unter anderem auch darstellen kann: die Klärung von Problemfeldern, die der Ausbildungsfähigkeit vorgelagert sind und das damit verbundene Schlagen von Brücken zu Angeboten, die eine erfolgreiche Absolvierung einer Ausbildung unterstützen.
Text: Elisa Kahlhammer und Sophia Heiligenbrunner, WUK Jugendcoaching West