Gäste von weiter her

Austrofred (c) Ingo Pertramer
Austrofred (c) Ingo Pertramer

Gäste von weiter her

Austrofred macht sich anlässlich des 40. WUK-Geburtstags Gedanken zum Thema Utopie

Wir leben in einer Glas-halb-leer-Ära, das ist so. Jedes Mal, wenn ich eine Zeitung oder ein soziales Medium aufblättere, habe ich das Gefühl, es geht nur mehr bergab.

Utopie – Vor 40 Jahren war die Idee des Werkstätten- und Kulturhauses ein utopischer Gedanke. Wie hat sich diese Utopie in den vergangenen Jahrzehnten verändert und wie kann eine WUK-Utopie der Zukunft aussehen? Mehr noch: Was bedeutet Utopie in den unterschiedlichsten Facetten von Kunst, Kultur, Bildung, Beratung und den vielen anderen Tätigkeitsfeldern, die das WUK in sich versammelt? Wir schaffen im WUK-Jubiläumsjahr 2021 Platz für utopische Gedanken.

An dieser Stelle macht sich der Champion Austrofred Gedanken zur Zukunft der Frühstückspensionen.

Wir leben in einer Glas-halb-leer-Ära, das ist so. Jedes Mal, wenn ich eine Zeitung oder ein soziales Medium aufblättere, habe ich das Gefühl, es geht nur mehr bergab. Nicht falsch verstehen, ich finde das Coronavirus auch nicht übermäßig super, und natürlich wird mir sehr leid sein um Holland, wenn es bald versunken ist, wegen dem Klimawandel, aber ein bisschen Positive Thinking täte uns trotzdem nicht schlecht anstehen. In den Sechzigern haben sich die Leute auch bis aufs Kreuz vor dem Atomkrieg angeschissen, aber sie sind trotzdem auf den Mond geflogen, weil ein bisschen eine Utopie braucht doch der Mensch.

Ich meine, auch heute gibt es Pläne für Siedlungen am Mars oder für menschliche Kolonien im Weltall in Form von frei fliegenden miteinander verbundenen Stadt-Zylindern, aber interessieren tut das keinen Schwanz. Und die Suche nach außerirdischen Lebensformen ist mittlerweile sowieso denkbar schlecht beleumundet. Wenn du heute sagst, du glaubst an UFOs, dann schauen dich die Leute an wie einen Impfskeptiker! Dabei bin ich persönlich sicher einer der vernünftigsten und beinahe wissenschaftlichsten Menschen, die ich kenne. Ich bin es gewohnt, die Dinge durch die seziermesserscharfe Brille des Hausverstands zu betrachten. Und wenn ich mir durchrechne, dass ich, wenn ich mit meinem Opel Zafira mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 130 km/h bis ans Ende vom Weltall fahren möchte, Daumen mal Pi gut hundert Billiarden Jahre unterwegs wäre – in eine Richtung wohlgemerkt, ohne schlafen, tanken, Klo- und Snackpause –, dann liegt es für mich auf der Hand, dass es irgendwo in dieser Weite intelligentes Leben geben MUSS!

Austrofred (c) Ingo Pertramer
Austrofred (c) Ingo Pertramer

Beweise für extraterrestrisches Leben finden sich genug, wenn man sich ein bisschen umschaut. Im Internet zum Beispiel. Oder in New Mexico, wo in den Siebzigern eigenartig verstümmelte Kühe gefunden worden sind, bei denen man vermutet, dass die Außerirdischen sie entweder zu Nahrungszwecken ausgezuzelt oder als Brutkästen für ihren Alien-Nachwuchs umfunktioniert haben.

Aber warum ins ferne New Mexico schweifen: Vor etlichen Jahren hat es im bayerischen Raisting – das ist, wenn du von München aus Richtung Ammersee fährst, an Andechs vorbei – einen beeindruckenden Kornkreis gegeben, der Fachleuten zufolge unmöglich von Menschenhand gestammt hat. 2014 war das. Ich weiß das von dem her noch so genau, weil ich dort ein einschneidendes Erlebnis gehabt habe. Ich war nämlich in der Gegend als Entertainer für eine Mitternachtseinlage gebucht und habe mir davor diesen Kornkreis angeschaut, am Nachmittag, durch das war ich schon von Haus aus ein bisschen enterisch drauf. Wie ich dann nachts schon fast bei der Location bin, ragt auf einmal ein Lichtstrahl senkrecht in den Himmel. Im selben Moment erscheint auf der Straße vor mir eine helle, weiß-strahlende Frauenfigur und ein eiskalter Blitz schießt mir ins Rückenmark. Ich habe auf die Zweite heruntergeschaltet und bin in zaghaftem Schritttempo auf die weiße Frau zugefahren. Auf einmal sehe ich, wie eine zweite, riesenhafte Figur männlichen oder dritten Geschlechts zu ihr hingleitet, auch sie in weiße Gewänder gehüllt. Wie die Erscheinung mich erblickt, öffnet sie einladend die Hände und schreit „Servus, ich bin der Herbert, der Veranstalter, wir haben telefoniert!“ Ich bin wortlos ausgestiegen, hab ihm einen Stesser gegeben, dass es ihn mitsamt seiner scheiß weißen Hose in den Staub gesetzt hat, und gesagt, „Du Trottel du! Wenn du mich für eine Fête Blanche buchst, dann musst du mir das vorher sagen!“

Halt, gerade fällt mir das Ei des quasi Kolumbus ein! Weil nachdem zurzeit ja ein gefährlicher Mix aus Pandemie, Gletscherschmelze und Tirolismus dabei ist, den österreichischen Fremdenverkehr zu vernichten und wir schleunigst neue Gästeschichten erschließen müssen, wäre es doch eigentlich nur logisch, dass wir ein bisschen Fremdenverkehrswerbung im Außerirdischenmilieu betreiben, weil das ist ja ein ungenutztes Gästepotenzial. So geht positives Zukunftsdenken! Und ich denke mir, wenn diese Außerirdischen wirklich sooo intelligent sind, dann werden sie sicher nicht langfristig in der unwirtlichen Wüste von New Mexico landen wollen, wo sie doch bei uns in Österreich viel schöner nächtigen könnten. Mit Blick auf die Berge. Und zum Auszuzeln eignet sich das Fleckvieh auf unseren Almen geradezu ideal!

Jetzt natürlich: Wie packen wirs an? Die Gemeinde Kautzen im Waldviertel hat schon vor Jahren einen professionellen Ufo-Landeplatz errichtet, das ist ein guter Anfang, weil natürlich schätzt der Alien, wie jeder Mensch, eine funktionierende Infrastruktur. Und bzgl. Werbung könnte man Fachleute aus Steyr ins Boot holen. Wie auf dem dortigen Stadtplatz vor einiger Zeit die fünfzig Meter lange, mit Granitpflastersteinen gelegte und aus höchster Höhe lesbare kryptische Buchstabenfolge H-I-N-G-E-R-L aufgetaucht ist, haben viele erst auch an Kommunikationsversuche mit oder durch extraterrestrische Hochkulturen gedacht. Es hat sich aber herausgestellt, dass der Name von dem Magistratsbeamten, der die Neubepflasterung beaufsichtigt hat, Franz-Michael Hingerl war, was allerdings laut diesem – und damit sind wir bei einem tatsächlich übersinnlichen Phänomen – einfach ein Zufall war. Dem Ingenieur Hingerl seine Idee wäre nämlich gewesen, dass man ausgewählten verdienten Geschäften am Stadtplatz einen Stein mit ihren jeweiligen Anfangsbuchstaben widmet: also H für die Bäckerei Hohlrieder, I für das Restaurant Imperial, N für das Schuhgeschäft Nanu, G für den Juwelier Gröger, E für E-Banking Oberbank, R für das Rathaus und L für das Obstgeschäft Leopold. Dass damit unseligerweise sein eigener Name in Stein gemeißelt war, ist ihm gar nicht aufgefallen!

Austrofred (c) Ingo Pertramer
Austrofred (c) Ingo Pertramer

Naja, aber wir Österreicher haben ja sowieso einen immensen Startvorteil bei der touristischen Kontaktaufnahme. Auf der 1977 ins Weltall geschossenen „Voyager Golden Record“, auf der die NASA etwaigen außerirdischen Hörern ein Potpourri irdischer Sounds zurechtgeschustert hat, finden sich gleich zwei österreichische Beiträge – ein bisschen Nachtmusik vom Mozart plus feierliche Worte an den Alien bzw. die Alienin vom Waldheim, damals UNO-Generalsekretär. Wenn das keine Einladung ist! Eigentlich sollten sämtliche Frühstückspensionen am Mondsee längst Rinderschlatz auf ihrer Karte haben.

Utopie: Austrofred. Mit seinen Austropop-Veredelungen der größten Hits der Rockgruppe Queen schrieb sich der gelernte Speditionskaufmann Austrofred (*1970 in Steyr/OÖ) in die Geschichte der österreichischen Nachkriegskultur der Nullerjahre ein. Seither brilliert der Champion, wie ihn seine Fans liebevoll nennen, auch als Autor. Sein neues Buch „Die fitten Jahre sind vorbei“ ist im Czernin-Verlag erschienen.

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