The Bruno Kreisky Lookalike
Ihr habt euch dazu entschieden eure Performance als Sitcom aufzubauen. Was ist das interessante an diesem Format?
Als Format für eine Theaterarbeit gibt uns die Sitcom zum einen die Möglichkeit, über einen längeren Arbeitszeitraum und mehrere Inszenierungen eine sich zeitlich fortlaufend entwickelnde Geschichte von Standardcharakteren (stock characters) zu erzählen. Zum anderen ist die Sitcom aufgrund ihrer episodenhaften Struktur aber auch offen genug, um auf politische und gesellschaftliche Ereignisse in Österreich und der Welt im Zeitraum des Produzierens relativ kurzfristig zu reagieren und diese in die Arbeiten einzubauen.
Ganz generell scheint uns, dass wir in unserer heutigen Gesellschaft unser Leben nach Fernsehserien modellieren und organisieren. Sitcom Charaktere gehören zu unserem Freundeskreis, und wir freuen uns täglich auf unsere nächste Begegnung mit ihnen.
Wie werdet ihr das Bühnenbild gestalten? Wird es mehrere Räume geben?
Das Bühnenbild und die gesamte Raumsituation entsprechen dem klassischen Sitcom-Aufnahmestudio. Es gibt also mehrere Räume, die auf drei Seiten geschlossen und nach vorne, zur Publikumsseite, offen sind. Generell verfügt unsere Produktion über alle Ingredienzien eines Live-Tapings einer Sitcom vor Live Publikum, samt Lachern, Commercials, Themensong, Publikumsanweisungen etc. Auch die Funktionen Regie, Assistenz/Inspizienz, Bühnenbild sind hier live im Einsatz. Das einzige Element, das fehlt, ist die Kamera.
Warum ist Bruno Kreisky eurer Meinung nach bis heute eine so zentrale Figur in Österreich?
Bruno Kreisky ist schlicht die Inkarnation der „alten“ Sozialdemokratie mit ihren zentralen Werten von Umverteilung, Solidarität, Chancengleichheit und Gemeinschaft. Kreisky ist das österreichische Gesicht der Sozialdemokratie als erfolgreiches politisches Konzept. Bruno Kreisky hat Österreich auch vom konservativen Mief der Nachkriegszeit befreit und das Land international positioniert, samt allen Widersprüchlichkeiten in seiner Persönlichkeit und seines politischen Handelns. Außerdem wusste er um die Macht der medialen Inszenierung und auch, sie zu nutzen.
Und warum habt ihr euch dazu entschieden mit Bruno Kreisky als Figur zu arbeiten?
Eigentlich arbeiten wir nicht mit Bruno Kreisky als Figur, sondern mit Hermann Swoboda, der aussieht wie Bruno Kreisky. Swoboda wird von einer Werbeagentur als Kreisky Lookalike angeworben, die die guten Vertrauenswerte, die Kreisky laut einer agenturbeauftragten Umfrage bei den Österreicher_innen immer noch genießt, zur Produktwerbung nutzt.
Im Grunde stellen wir die „alte“ Sozialdemokratie in einen kommerzialisierten Kontext, in die schöne neue neoliberale slicke PR-Slogan-Glitzerwelt, der sich die „neue“ Sozialdemokratie à la Blair und Schröder geöffnet hat. Und lassen sie genüsslich-bissig kollidieren.