Kurden und die Unterdrückung durch Verwandte
von Aziz Yousef
Er floh vor Unterdrückung; getötet; Ungerechtigkeit; die Politik der Diktatur; Suche nach Sicherheit, Stabilität, Freiheit, Respekt; Das Recht auf Unterschied:
Dafür habe ich das Land verlassen.
Ich bin eine Minderheit, weil ich Kurde bin. Minderheit bedeutet, dass eine Gruppe weniger Rechte wegen ihrer Kultur oder ihrer Religion hat. Das betrifft die Kurden in Syrien und in anderen Ländern, die unser Land genommen haben.
Als ich 10 Jahre alt war, wollte ich in der Schule in meiner Sprache reden. Aber ich bekam eine Strafe und musste 100 Mal „Ich bin Araber“ auf einen Zettel schreiben. Ich erzählte diese Geschichte meinem Vater und er sagte: „Sei leise, das darfst du nicht sagen!“ Ich war überrascht, aber als ich 13 Jahre alt wurde, wusste ich was passiert, wenn du Kurde bist:
Du bekommst kein eigenes Land. Vor Jahren hattest du schon ein Land, aber die Syrer, Türken, Araber und Iraner haben es genommen.
Du bekommst keine Staatsbürgerschaft, egal wo du lebst. Kurdische Schulen sind nicht erlaubt, auch Bücher oder Zeitungen auf Kurdisch sind verboten. Die Namen dürfen nicht weiter geben werden, auch kurdische Kleidung zu tragen, ist verboten. Du musst mehr arbeiten und schlechte Jobs annehmen, aber du kriegst weniger Geld und manchmal wirst du gezwungen zu arbeiten. Wenn du an eine dieser Sachen denkst oder ein bisschen träumst, dann öffnet sich die Tür zur Hölle (Gefängnis oder Angriffe auf deine Familie).
Als ich 14 Jahre alt war, war ich in der Schule und wir wollten über unsere Zukunft reden. Ich sagte: „Ich will Arzt werden.“ Alle lachten, auch die Kollegen, weil sie von ihren Familien lernten, wer die Kurden sind. Bis jetzt erinnere ich mich daran, was der Lehrer antwortete: „Lern was du willst bis zur Uni, aber danach musst du am Bau arbeiten oder eine normale Arbeit machen ohne deine Zeugnisse. Deine Zeugnisse kannst du wegschmeißen!“
War ich überrascht? Nein, weil ich von Anfang an lernte, wie schlimm wir Kurden sind. Aber ich konnte nichts dagegen machen. Das Assad-Baath-Regime ist am schlimmsten, eine schlechte und koloniale Partei. Einmal wollte ich ein Buch lesen, obwohl es keine kurdischen Bücher gab. Aber mit langem Suchen bekam ich eines von einem Lehrer von mir, der Kurde war. Er hatte seine Identität verheimlicht, um den Job als Lehrer zu bekommen. Niemand wusste das, nur ich, weil wir Bekannte waren. Viele Kurden änderten ihre Identität, um einen Job zu bekommen. Ich las sein Buch und lernte mehr über mich. Ich war sehr froh, weil ich etwas über Kurden wusste. Das waren zwar Sachen, die sehr gut sind, aber niemand interessierte sich für diese Schriften. Nach ein paar Wochen wusste meine Lehrerin, dass ich das kurdische Buch gelesen hatte. Da begann die schlimmste Zeit für mich. Ich musste das Buch verbrennen, in den Schulhof laufen und die Nationalhymne mit lauter Stimme singen, obwohl ich sie gar nicht gelernt hatte. Ich durfte diese Geschichte niemandem erzählen, die Leute wollen sie nicht hören und meine Familie konnte nichts machen. In anderen Fällen hätte ich vielleicht andere Strafen bekommen (z.B. ein ganzes Heft in arabischer Schrift schreiben oder die Nationalhymne aufsagen, wie Baschar al-Assad sagte). Ich wusste nicht, was ich mit diesem Leben machen sollte. Ein Leben mit Gefühlen, die dich traurig machen, ist sehr schwierig.
Nach zwei Jahren mit Ungerechtigkeit und keinem Sinn mehr im Leben musste ich zum Militär gehen. Das bedeutet, du musst das Land, das gegen dich ist und dir nicht gehört, schützen. Ich konnte das nicht und meine Familie wollte es nicht, denn sie wusste, wenn ich gehe, komme ich nicht zurück. Besonderes jemand wie ich, der viel gegen die Regierung hatte und zu Demos fuhr. Die würden mich nicht einfach in Ruhe lassen, gerade zu der Zeit, als die Kurden anfingen Demos zu organisieren und gegen die Regeln zu kämpfen (aber nur mit Plakaten, nicht mit Gewalt).
Die neue Generation wollte nicht mehr mit dieser Ungerechtigkeit leben.
Wir wollten Beständigkeit ohne Unterdrückung durch das Regime und der große Grund war: Wir sind alle Menschen und haben die gleichen Rechte.
Für mich war es sehr schwierig, als ich zum Militär musste, obwohl ich ohne Nationalität lebte. Dort im Militär wollten sie uns Kurden nicht töten, sondern foltern.
Ich bin hier, weil ich ein Ziel habe. Das Ziel ist für mich hier zu lernen und der Welt zu zeigen, wer die Kurden sind und was wir machen können. Trotz der Unterdrückung sind viele Lehrer, Ingenieure und Anwälte in Syrien, der Türkei, im Iran und Irak Kurden. Ich bin stolz, weil ich hier etwas für meine Heimat und für mich tun kann, ohne Angst. Hier gibt es Freiheit und Demokratie. Nicht wie dort, wo ich lebte.
Das war meine Geschichte, die ich erlebte und erzählen wollte, damit alle wissen was passiert, wenn du kein eigenes Land hast.
„Ich mag kein Flüchtling sein, aber ich werde dazu gezwungen.“
Abdulaziz Yousef