Die Ambivalenz des Scheiterns
Täglich wird der Mensch mit seiner eigenen Unzulänglichkeit konfrontiert. Ihm passieren Fehler, Missgeschicke und Stolperer, er tritt ewig auf der Stelle oder überschätzt sich selbst. Häufig läuft unsere zwischenmenschliche Kommunikation ins Leere, misslingt das Streben nach makellosem Aussehen und dem optimalen Auftreten. Gerade in der heutigen Leistungsgesellschaft, in der wir an unseren Erfolgen gemessen werden und Burnout längst als Massenphänomen gilt, scheint der Drang nach Perfektion weit verbreitet zu sein. Doch sind es oft genau diese Ungereimtheiten und Eigenarten, welche die Menschen liebenswert und interessant machen, und durch die sie zu neuen Erkenntnissen gelangen und über sich hinaus wachsen lassen. Das Ziel zu verfehlen, kann zu großen und bisher unbekannten Entdeckungen führen.
Angesichts dieser ökologischen wie politischen Katastrophen wird das anthropozentrische Weltbild nicht nur infrage gestellt, die vermeintliche Vormachtstellung und Unfehlbarkeit des Menschen anhand seines vielfältigen Scheiterns an diesen globalen Problemen offenbart sich als fataler Irrtum. Es hat sich gezeigt, dass diese existenziellen Fragen und Aufgaben nur mittels der Verknüpfung von gesellschaftlichen, naturwissenschaftlichen und künstlerischen Denkansätzen und Methoden analysiert und hinsichtlich einer Perspektive für die Zukunft beantwortet werden können. In der zeitgenössischen Kunst greifen Künstler_innen diese interdisziplinären Praktiken und Ideen auf und führen uns in den verschiedensten bildnerischen Medien vor Augen, wie schmal der Grat zwischen Zerstörung und Schöpfung ist.
In der aktuellen Ausstellung Über die Unmöglichkeit des Seins(Kunsthalle Exnergasse, 17.3. bis 30.4.2016) beschäftigen sich zwölf sowohl junge als auch etablierte Künstler_innen in den verschiedensten Medien mit der Rolle des Menschen im Verhältnis zu Technik, Natur und Kultur in der heutigen globalen Gesellschaft. Auf sinnliche, ernste wie humorvolle Weise erforschen sie die Ambivalenz des Scheiterns und führen die Vorstellung von Vormachtstellung und Unfehlbarkeit des Menschen ad absurdum. Die Themen der Ausstellung werden sowohl als individuelles, als auch als gesellschaftspolitisches Phänomen sichtbar. Am Ende manifestieren sich die Überschreitung von Grenzen, das Scheitern und die Imperfektion nicht nur als ein notwendiger Teil schöpferischer Prozesse, sondern machen auch das Neue, Wunderbare und Einzigartige unseres tragisch-komischen Lebens aus.
Hannah Beck-Mannagetta und Lena Fließbach arbeiten als Kuratoren- und Autorinnenteam unter ihrem in Berlin ansässigen Label the current an verschiedenen Ausstellungs- und Vermittlungskonzepten. Ihr Ziel ist es, die Verknüpfung zwischen gesellschaftlichen, naturwissenschaftlichen und künstlerischen Fragestellungen sichtbar zu machen und einer breiten Öffentlichkeit zu vermitteln. Gemeinsam entwickelten die Kuratorinnen 2014 das interdisziplinäre Führungsformat „Walk the Talk“, das auch die Ausstellung „Über die Unmöglichkeit des Seins“ begleitet.
Die Unmöglichkeit des Seins
Diana Artus (D), Julius von Bismarck (D), Anina Brisolla (D), Sophia Domagala (D), Brad Downey (USA), Andreas Greiner (D) & Armin Keplinger (AT), Sven Johne (D), Tillman Kaiser (AT), Caroline Kryzecki (D), Janina Lange (D) und Via Lewandowsky (D)
Eröffnung: Mi 16.3., 19 Uhr
Ausstellung: Do 17.3. bis Sa 30.4.
Kunsthalle Exnergasse, Eintritt frei
Die Ausstellung wird von einem interdisziplinären Programm mit Expert_innen aus Kultur- und Naturwissenschaften in Form von dialogischen Führungen sowie einer Filmvorführung mit anschließendem Künstler_innengespräch begleitet.