Was zur Hölle ist das?! Was schauen wir uns da gerade an?
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Interview: Saskia Schlichting
Ich beginne gerne ein Interview mit einem Spiel:
Fällt ein bestimmter Begriff, so muss etwas konsumiert werden. Unser gemeinsamer Begriff ist Gewalt. Ich habe Schwedenbomben mitgebracht. Was ist eure erste Assoziation dazu?
Martin: Magenschmerzen.
Nadja: Lecker!
Bitte, welche esst ihr lieber - mit Kokos oder ohne?
N: Mit! Mit!
M: Unbedingt ohne!
Aber nun zur eurem neuen Stück, eine Zusammenarbeit mit dem deutschen Autor Sergej Gössner. „Shoot´n´Shout" ist ein Auftragswerk in Kooperation mit zwei deutschen Bühnen und dem Next Liberty in Graz und geht - wie nach eurer letzten Jugendproduktion "Kohlhaas – Moral High Ground" (UA 2022 im WUK) erneut der Frage nach, was Gewalt alles sein kann. Wie kam es dazu?
N: Wir finden, Sergej ist ein großartiger Autor und wollten schon lange was mit ihm machen. Zum Staatstheater Wiesbaden hat sich der Kontakt durch ein Gastspiel unserer Inszenierung von Sergejs Stück "MONGOS" hergestellt. Wir haben uns mit dem Leiter vom dortigen Jungen Staatstheater, Dirk Schirdewahn, sehr gut verstanden. Und da Sergej und Dirk gut befreundet sind, fanden wir die Idee toll, mit beiden ein Stück auf die Beine zu stellen.
M: Beide waren sehr angetan von der Idee. Die gegenseitige Wertschätzung ist sehr groß, was für uns eine wichtige Voraussetzung für ein gutes Gelingen darstellt. Als zusätzliche Kooperationspartner konnten wir das Apollotheater in Siegen und das Next Liberty in Graz gewinnen, was uns sehr gefreut hat, denn damit war die Finanzierung für dieses Projekt gesichert.
In diesem Stück geht es um einen bestimmten Moment, in dem wir zu jemanden werden, der wir nicht sein wollen: einem gewalttätigen Menschen. Der Ursprung dieses Stückes hatte einen konkreten Anlass - den Beginn des Krieges in der Ukraine. Wie seid ihr mit dieser emotionalen Thematik umgegangen und wie hat sie den kreativen Prozess beeinflusst?
M: Es war uns allen sofort klar, dass wir kein Stück über Krieg machen werden. Man kann Krieg im Theater nicht nachvollziehbar darstellen. Außerdem hat keine_r der Beteiligten irgendwelche Kriegserfahrungen.
N: Zum Glück nicht!
M: Oh ja! Und 99% des Publikums geht es auch so, und da haben wir uns gedacht: Wo holen wir die ab? Und so haben wir uns für das Thema “Gewalt im Alltag” entschieden. Damit können alle was anfangen.
Gewalt steht im Zentrum des Stücks, jedoch weniger in physischer Form, sondern eher verbal. Und es behandelt auch eigene Erfahrungen der Schauspieler_innen. Welche verschiedenen Ebenen gibt es im Stück?
N: Es gibt eine Menge Ebenen bei “Shoot’n’Shout”.
M: Ja, das ist wie bei Inception!
N: Es gibt die Ebene der Spieler_innen, wo sie sich über das Stück unterhalten, es gibt die Hummel-Ebene, es gibt eine Ebene, wo sie Sätze zu Gewalterfahrungen aussprechen...
M: Da sind viele Original-Zitate der Spielenden und auch von uns dabei, aus Gesprächen über unsere Gewalterfahrungen.
N: Dann gibt’s noch die Ebene mit einer Talk-Show, in der Expert_innen für und gegen den Hummelstachel streiten. Und dann haben auch noch jede Spielerin und jeder Spieler einen Monolog, der sich inhaltlich vom Rest unterscheidet.
M: (lacht) Ja, es ist ein wilder Ritt!
Jede 3. Frau in Österreich – so eine aktuelle Studie – ist von Gewalt betroffen. Die Entscheidung, das Thema Gewalt in Bezug auf Frauen auszusparen, wirft Fragen auf. Gibt es einen bestimmten Grund dafür?
N: Ja, das Thema haben wir bewusst ausgeklammert. Da gehört ja auch Vergewaltigung dazu. Das lässt sich nicht einfach so einbinden, für das Thema braucht es ein eigenes Stück.
M: So relevant das Thema Gewalt gegen Frauen auch ist, wir haben uns dafür entschieden, Gewalt an sich zu thematisieren, die Mechanismen.
Die Botschaft an das jugendliche Publikum ist sehr einladend und respektvoll:
"Relax! Enjoy! Du wirst hier nicht geprüft! Du musst hier nichts verstehen! Wir wissen hier nichts besser als ihr! Ja, das Ganze ist ziemlich weird, aber schau es dir bitte ersteinmal an, bevor du ein Urteil fällst. Danach können wir immer noch reden."
Wie haben die Jugendlichen auf die Inszenierung reagiert, und welche Rückmeldungen habt ihr erhalten?
Das waren jetzt eine Menge Schwedenbomben. Ich hoffe, niemand hat Bauchschmerzen....
N: Ach quatsch!
M: Noch nicht!
Danke für das Gespräch.
N: Gerne!
M: Danke auch!
"Follow the Rabbit" - benannt nach dem hakenschlagenden Hasen, der Alice ins Wunderland führt – hat seit seiner Gründung 2004 seinen Theaterbegriff fortwährend erweitert, hin zu einem interdisziplinären Kunstbegriff. Ihre Produktionen wurden mehrfach mit dem STELLA, Preis für herausragende Leistungen im Theater für junges Publikum, ausgezeichnet.
Follow The Rabbit
SHOOT'N'SHOUT (14+) - Follow The Rabbit
- Di 20. Februar 19.00 Uhr (Wien Premiere)
- Mi 21. Februar 9.30 Uhr (AUSVERKAUFT)
- Do 22. Februar 9.30 Uhr (AUSVERKAUFT)
Preis
€ 12 | 10 | 6,5
Ort
Saal